Bild: Tom Jäger, Sony Music

VIZE: Wie Soziale Medien die Musikproduktion beeinflussen

Internationale Partyhymnen made in Germany: Das DJ-Duo VIZE trifft mit seinem unverkennbaren Stil den Nerv der Zeit und das Partyherz von fast 10 Millionen monatlichen Hörer*innen auf Spotify. Die Liste mit prominenten Features ist lang: Felix Jaehn, Tokio Hotel, Capital Bra, Rae Garvey uvm. Wir haben uns mit Johannes von Vize virtuell getroffen und mit ihm unter anderem über das Leben als DJ und den Einfluss von Spotify auf Musikproduktionen geredet. 

Das Musikprojekt VIZE hat seinen ersten Durchbruch 2018 mit einer Neuinterpretation von Glad You Came von The Wanted (2011) gefeiert. Wenn es um Remixes und Kooperationen geht: Wie wählt ihr die Lieder aus?

Johannes: Bei Remixes ist es meistens so, dass jemand anfragt – zuletzt beispielsweise Rampampam für Minelli. Bei Kooperationen zählt für uns in erster Linie aber die Musik. Wenn uns die Musik im Studio emotional mitnimmt, dann haben wir Bock das zu machen, egal mit wem. Erst an zweiter Stelle steht die Bekanntheit der Künstler (…).

Um ein konkretes Beispiel zu nennen, wie Kooperationen zustande kommen: Bei Tokio Hotel letztes Jahr ist die Zusammenarbeit über das Label entstanden, weil wir beide bei Sony angefangen haben. Wir kannten uns vorher aber noch nicht. 

Bei Papa Roach – das war auch letztes Jahr – sind Vitali und ich gerade im Auto gesessen und haben eine Instagram-Story gemacht, wie wir Last Resort von Papa Roach gehört haben. Eine Stunde später kam zurück, ob wir Lust auf eine Zusammenarbeit hätten. 

Wenn wir die Arbeitsaufteilung von Vitali und dir anschauen: Vitali ist in der Tendenz eher für die Produktion zuständig, du gehst auf Tour, wenn Corona es erlaubt. Gehst du selbst eigentlich noch in Clubs – als Privatperson und nicht als Act?

Johannes: Das ist schwierig, weil ich am Wochenende immer weg bin, wenn meistens die Clubs aufhaben. In Berlin habe ich es noch nicht geschafft, auch wenn ich mit vielen Freunden mal privat weggehen wollte. Es hat einfach noch nie gepasst, weil ich dann von Donnerstag bis Sonntag weg bin… Gut, könnte man Sonntag auch noch ins Berghain gehen (lacht). Aber es hat dieses Jahr noch nicht geklappt, weil die Zeit nicht da ist. 

Man stellt sich das Leben als DJ immer sehr cool vor. Du hast es aber gerade selbst gesagt, du bist oft von Donnerstag bis Sonntag weg – gleichzeitig macht man oft etwas mit Freunden am Wochenende aus. Ist das manchmal ein bisschen die bittere Pille? 

Johannes: Darauf haben sich eigentlich Vitalis und meine Freunde bzw. Familien schon eingestellt, dass man eben oftmals nicht da ist. (…) Das ist bei uns im Freundeskreis schon fast Normalität, dass wir nicht dabei sind. Das ist schade, aber ich liebe ja das, was ich mache. Ich weiß, worauf du hinauswillst – es ist natürlich auch anstrengend. Man sieht auf Instagram immer den schönen Part, man teilt natürlich nicht die anstrengenden Sachen. (…) Meistens ist es so, dass man am Flughafen ankommt, man wird vom Shuttle abgeholt, fährt kurz ins Hotel, geht zum Soundcheck, isst etwas und dann geht die Show schon los. Die Momente, die man während der Show kriegt und die Fans, die extra gekommen sind… letztendlich die Emotionen machen das alles wieder gut. 

Am 22.04. habet ihr eure neue Single Who You Gonna Love gemeinsam mit Y3LLO KKOALA und Amber Van Day veröffentlicht. Checkst du schon regelmäßig die Stream-Counts?

Johannes: Auf jeden Fall, da guckt man schon viel. Gefühlt war es während des Lockdowns so, dass man sogar noch mehr geschaut hat. Aber es gibt auch nochmal Unterschiede. Es gibt manche Songs, die auf Spotify richtig gut performen, aber im Club nochmal anders. Oder halt schlechter auf Spotify und im Club rasten die Leute komplett aus. 

Auf Spotify werden die Songs kürzer. Im Zeitraum von 2013 bis 2018 reduzierte sich die Länge eines Songs von 3 Minuten 50 auf 3 Minuten 20. Beachtet ihr solche Faktoren, wenn ihr Songs produziert? Oder wollt ihr komplett euer eigenes Ding machen?

Johannes: Ich würde sagen, so halb halb. Natürlich, wenn man sich ansieht, wie ich als DJ angefangen habe: Damals waren die Songs ungefähr sechs bis sieben Minuten lang, ein Intro hat sich Ewigkeiten aufgebaut. Die Aufmerksamkeitsspanne hat sich wegen der Digitalisierung auf jeden Fall verkürzt. Man muss schon entsprechend einsteigen, damit die Leute überhaupt dranbleiben und nicht gleich weiterschalten. Da passt man sich schon teilweise daran an. Alle, die kommerzielle Musik machen, machen das – würde ich sagen. Mir fällt jetzt niemand ein, der das Gegenteil macht. 

Und mal auf Social Media gemünzt, insbesondere TikTok: Dadurch kommen teilweise Lieder wieder in die Charts, die schon vor ein paar Jahren veröffentlicht wurden. Ist das auch etwas, das man als moderner Artist auf dem Zettel haben muss?

Johannes: Speziell auf TikTok: Natürlich haben wir da auch schon versucht, Trends zu kreieren – beispielsweise irgendwelche Aktionen, die die Fans dann nachmachen. Da haben wir auch wieder etwas geplant, das in die Richtung geht…

Also du hast schon Recht. Das ist auf jeden Fall eine wichtige Plattform, auf der man sehr viel Reichweite hat und die Musik auch ganz anderen Leuten anbieten kann. Da ist TikTok in den letzten Jahren sehr groß geworden, aber Facebook und Instagram sind nach wie vor auch sehr wichtig.

Zum Schluss noch eine Routine-Frage, die wir immer wieder stellen: Welchen Tipp würdest du Menschen geben, die eine professionelle Karriere in der Musikindustrie anstreben?

Johannes: Das muss man nicht nur auf die Musik beziehen. Das ist vielleicht eine Floskel, aber im Leben, wenn man etwas erreichen will, sollte man sich nicht von irgendjemandem reinreden lassen, wenn man daran glaubt. Man sollte das, was man erreichen will, jeden Tag machen, früh dafür aufstehen und auch wirklich Gas geben. Von nichts kommt nichts. Von nichts bleibt nichts. 

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