Kim Kardashian Vocal Fry

Warum junge Amerikanerinnen klingen, als würden sie erwürgt

Von Markus Ehrlich

Sein wie Kim Kardashian. Das ist aus vielerlei Gründen ein erstrebenswertes Ziel für viele junge Frauen. Kardashian schwimmt in Geld, ist mit Kanye West, dem wohl populärsten Musiker dieses Erdballs, verheiratet und hat den geilsten (oder zumindest medial meist beachteten) Arsch der Welt. Teenie-Girls und sogar erwachsene Frauen eifern Kardashian aber nicht nur wegen all dieser Dinge nach. Gerade hypen alle sie wegen, wait for it, ihrer Stimme.

Sound like a Kardashian. Klingen wie eine Kardashian. Das ist, wonach Frauen in den USA streben. In Nachrichtensendungen, TV-Serien und Late-Night-Shows wimmelt es nur so von Frauen mit „Vocal fry“. Das ist keine Krankheit, zumindest nicht im medizinischen Sinne, sondern eine Art zu sprechen. Erklären kann man den irren Sprachtrend am besten als Knarren, mit dem Sätze beendet werden. Also: Die letzten beiden Wörter eines Satzes (und manchmal die ersten des darauffolgenden Satzes) werden anders ausgesprochen als der Rest. Tiefer, mit einem Knistern. Anders gesagt: Frauen in den USA klingen wie Menschen, die gerade erwürgt werden, und fühlen sich auch noch geil dabei.

Nicht kapiert? Hier eine Zusammenstellung zum „Vocal fry“-Wahnsinn:

https://youtu.be/YEqVgtLQ7qM

 

Jetzt könnte man sagen: Das ist wieder irgendein schwachsinniger Trend, der bald Geschichte ist. Man kann sich aber auch fragen, was mit einer Gesellschaft nicht stimmt, in welcher Frauen ständig damit beschäftigt sein müssen, makellos zu wirken. Künstlich verlängerte Haare durch Extensions, aufgeklebte Wimpern und Fingernägel und jetzt die unnatürlich verstellte Stimme. Der „Vocal fry“ ist die Krone auf dem frauenverachtenden Haupt unserer Gesellschaft.

Was zum Teufel ist so schlimm an normalen Frauenstimmen? Der Hammer ist, dass viele Frauen tatsächlich glauben, der „Vocal fry“ zahle sich im Berufsleben aus. Teilweise stimmt das sogar: Studien belegen, dass Frauen ernster genommen werden, wenn sie eine tiefe Stimme haben. Diese suggerieren Autorität, Intelligenz und Ernsthaftigkeit. Das gilt aber natürlich nur, wenn frau immer so spricht – nicht nur am Ende eines Satzes.

In diesem Fall stimmt sogar das Gegenteil: Der „Vocal fry“ wirkt sich eben negativ aus. Forscher der Long Island University haben herausgefunden, dass der „Vocal fry“ von Personalern negativ wahrgenommen wird. Natürlich gibt es auch Männer, die so sprechen. Bei ihnen wird es aber, derselben Studie zu Folge, weniger negativ wahrgenommen.

Deswegen forderte die US-Journalistin Susannah Guthrie beim Portal „The News Daily“ junge Frauen augenzwinkernd dazu auf, sich bei Bewerbungsgesprächen am besten gleich als Männer zu verkleiden – das würde ihre Chancen auf eine Einstellung maximieren.

Immerhin: Gesundheitliche Folgen hat der „Vocal fry“ wohl nicht.

 

Folge ZEITjUNG auf FacebookTwitter und Instagram!

Bildquelle: Eva Rinaldi unter CC by 2.0