Von Wegen Lisbeth schauen von oben in die Kamera. © Nils Lucas

Von Wegen Lisbeth: Musik in der Pandemie und Podcasts

Vor knapp einem Jahr haben sich die fünf Jungs von Von Wegen Lisbeth in ihr Studio zurückgezogen, mit dem Plan dort zu bleiben, bis das Coronavirus oder wenigstens Donald Trump sich verzogen haben. Eins davon ist inzwischen eingetreten und die Berliner Band ist mit gleich zwei neuen Songs und einem Video samt Cameoauftritten anderer bekannter Musiker*innen zurück. Wir haben Julian Hölting, den Bassisten von Von wegen Lisbeth zu einem virtuellen Gespräch über Musik in der Pandemie, Vorfreude auf den Konzertsommer und Podcasts getroffen.

Matthias „Matze“ Rohde, Robert Tischer, Julian Hölting, Dominik „Doz“ Zschäbitz und Julian Zschäbitz machen seit ihrer gemeinsamen Schulzeit Musik, wenn auch damals noch unter dem etwas anderen Namen „Harry Hurtig“. Als Von Wegen Lisbeth waren sie mit befreundeten Bands wie AnnenMayKantereit, Element of Crime oder Kraftklub als Vorband auf Tour und haben sich seitdem eine treue und wachsende Fangemeinschaft erspielt. Nach fast durchgängigem Touren seit 2016, der EP „Und plötzlich der Lachs“, dem gefeierten Debütalbum „GRANDE“ sowie dem Nachfolger „sweetlilly93@hotmail.com“ hat die Coronapandemie kurz nach ihrem größten eigenen Konzert in Berlin für einen abrupten Cut gesorgt.

ZEITjUNG: Ihr seid mit neuer Musik zurück, die ihr während des vergangenen Jahres aufgenommen habt. Zum Entstehungskontext: Wie habt ihr die erste Zeit der Pandemie erlebt und wann habt ihr euch entschieden, die Zeit für neue Songs zu nutzen? Oder gab es den Plan schon vorher?

Julian Hölting: Der Plan war auf jeden Fall nicht vorher schon da. Wir hatten eine relativ lange Tour bis November 2019 und dann wollten wir eh so zwei, drei Monate Pause machen, einfach um uns auch mal nicht zu sehen (lacht). Dann kam die Pandemie und am Anfang war es eigentlich so, dass alle irgendwie so dachten, es geht relativ schnell vorbei, wenn man jetzt diesen super harten Lockdown macht und einfach zu Hause bleibt. 

Wir haben aber das Privileg, ein eigenes Studio mit Proberaum zu haben, in das wir immer rein und aufnehmen können, wenn wir wollen. Matze schreibt ja unsere Texte und hat dann einfach gesagt: „Ok, ich niste mich jetzt hier ein und fang an fürs nächste Album oder was auch immer Skizzen-Texte zu schreiben.“ Er kam dann mit den ersten Ideen und als es im Sommer wieder möglich war, haben wir uns wieder zum Proben getroffen. Im Lockdown letzten Winter haben wir uns die einzelnen Spuren dann einfach hin- und hergeschickt und versucht von Zuhause aus Sachen zu schreiben. Das war auch mal sehr spannend, aber extrem zeitaufwendig. Deswegen, glaube ich, wird sich das jetzt nicht so durchsetzen bei uns (lacht)

ZEITjUNG: Eure Songs sind von Alltagsbeobachtungen geprägt. Wie hat sich die Situation, dass der Alltag ja zum großen Teil weggebrochen ist, auf eure Texte ausgewirkt?

Julian Hölting: Matze ist ein Typ, der auch so relativ viel alleine Zeit verbringt und hatte jetzt nicht so ein Problem damit, im Lockdown eingeschlossen im Studio zu sitzen. Aber klar, seine Texte sind halt von Alltagssituationen inspiriert und der Alltag hat sich runterkondensiert auf wenige Sachen, die noch stattfinden. Zufällige Begegnungen oder in der Kneipe irgendein Gespräch, sowas passiert dann halt nicht mehr. Deswegen glaube ich, hat er sich dieses Mal bei den Texten viel mit sich beschäftigt. Das war auf jeden Fall mal interessant für uns andere, aber es sind auf jeden Fall textlich gesehen die ernstesten Lieder geworden, die wir bisher so gemacht haben. 

Der Song L.OST handelt davon sich „lost“ zu fühlen, was gerade junge Leute, nicht nur aktuell, häufig kennen. Habt ihr als Band dieses Gefühl in den letzten Jahren, die ja sehr erfolgreich waren, mal gehabt?

Julian Hölting: Ja, auf jeden Fall! Gerade als es langsam mehr mit der Band wurde, aber noch nicht so erfolgreich. Da waren wir alle noch im Studium und bei der Frage, wie sehr man sich jetzt wirklich drauf einlässt, ganz schön am Schwimmen. Will ich jetzt mein ganzes Leben Musiker sein oder es doch nur als Hobby machen? Das war eine Zeit, in der wir uns einfach nicht so entscheiden konnten. Irgendwann haben wir es einfach gemacht und dann hatten wir ja auch wahnsinniges Glück, dass das so geklappt hat am Ende. Auf jeden Fall sind wir super froh, uns dafür entschieden zu haben. 

Als er den Text für L.OST geschrieben hat, war es übrigens eher ein klassisches Liebeslied darüber, wie man darauf wartet, ob und dass jemand zurückschreibt und nicht zu wissen, wie man zueinandersteht und ob daraus etwas wird. Also eine Situation, in der man bisschen verloren ist. Eigentlich war es gar nicht so in die Pandemie-Richtung gemeint, obwohl es doch irgendwie zu der Zeit passt.