Warum der erste Kuss entscheidend ist – und wie er deine Beziehung beeinflusst
Küssen ist ein faszinierendes Thema, das nicht nur in einer romantischen Beziehung eine Rolle spielt, sondern auch in der Forschung zunehmend untersucht wird. Im „Spiegel“ schreibt Heike Kleen in ihrer aktuellen Sexkolumne über die Frage, wann Küsse zu Sex führen und wann eher nicht. Philematologen, also Kussforscher, untersuchen die Ursprünge, Vorteile und Eigenheiten des Küssens – und die Ergebnisse sind überraschend. Es scheint, dass Küssen nicht nur ein Vorspiel für den Geschlechtsverkehr sein könnte, sondern auch eine Art Testlauf für die Kompatibilität zwischen Partnern.
Der erste Kuss ist oft ein unvergessliches Erlebnis, auch wenn er nicht immer von Erfolg gekrönt ist. Für viele Menschen, wie die Autorin beschreibt, war der erste Zungenkuss alles andere als romantisch. Als schlabberig und unbeholfen beschreibt Heike Kleen ihre erste Erfahrung. Doch je mehr Erfahrung man sammelt, desto besser werden die Küsse – und mit ihnen wächst die Lust auf mehr.
Hormone im Spiel
Wissenschaftler, die sich mit dem Küssen beschäftigen, haben herausgefunden: Küssen löst im Körper ein wahres Feuerwerk aus. Botenstoffe wie Serotonin, Dopamin und Oxytocin können für Glücksgefühle sorgen, während Sexualhormone wie Testosteron die sexuelle Lust anregen. Interessanterweise zeigte eine Studie der Universität Pisa, dass sich frisch Verliebte hormonell anpassen: Bei Männer wurde weniger Testosteron gemessen, bei Frauen hingegen mehr. Dieser hormonelle Ausgleich könnte möglicherweise auch durch Küssen beeinflusst werden, da frau beim Küssen das Testosteron des Mannes über den Speichel aufnehmen kann. Bewiesen ist dieser Zusammenhang jedoch (noch) nicht.
In Kleens Kolumne geht es auch darum, dass Philematologen sich intensiv mit der Frage beschäftigen, warum wir überhaupt küssen. Manche Theorien deuten darauf hin, dass Küssen eine Weiterentwicklung von Tierverhalten sein könnte. Tiere beschnuppern sich gegenseitig, während Menschen, bedingt durch den aufrechten Gang, sich stattdessen ins Gesicht schauen – und dabei irgendwann den Mund ins Spiel brachten.
Partnerwahl durch Küssen
Für viele Menschen dient das Küssen jedoch nicht nur als romantische Geste, sondern auch als Testlauf für eine tiefere körperliche Verbindung. Besonders für Frauen ist es von Bedeutung, durch das Küssen den potenziellen Partner besser kennenzulernen. Während Männer oft direkter auf Sex fokussiert sind, ziehen es Frauen häufiger vor, erst einmal zu küssen, bevor sie sich für weitere Schritte entscheiden.
Laut einer Studie legen Frauen tendenziell mehr Wert auf das Küssen als Männr; oft ist es sogar wichtiger als Sex. Aus biologischer Sicht ist dies durchaus sinnvoll: Ein falscher Partner könnte im Extremfall eine ungewollte Schwangerschaft bedeuten, während Küssen keine derartigen Risiken birgt. So nutzen Frauen das Küssen vielleicht, um den „Frosch“ auszusortieren, bevor er sich als unpassender Partner herausstellt – und küssen sich weiter vor bis zum Prinzen.
Küssen als soziales Ritual
Doch Küssen ist nicht nur eine romantische Angelegenheit, sondern auch ein kulturelles Phänomen. Der Kommunikationswissenschaftler Hektor Haarkötter erklärt, dass Küssen nicht universell sei. Nur etwa 47 Prozent der Kulturen weltweit praktizieren das Küssen, was darauf hindeutet, dass es eher eine soziale als eine angeborene Handlung ist. Der Ursprung des Kusses liegt vermutlich vor etwa 5.000 Jahren in der Region des Kaukasus, wo das Ritual als Begrüßung begann und sich dann verbreitete.
Ein überraschender Aspekt des Küssens ist, dass es eine Vielzahl von Bakterien übertragen kann. Bei einem zehn Sekunden langen Kuss werden etwa 80 Millionen Bakterien ausgetauscht. Dies klingt zwar beängstigend, könnte aber tatsächlich das Immunsystem stärken. Menschen, die häufig küssen, leben angeblich länger und führen zufriedenere Beziehungen. Diese Behauptung stützt sich unter anderem auf eine viel zitierte Studie, der zufolge Männer, die ihre Frau morgens vor dem Verlassen des Hauses küssen, im Durchschnitt fünf Jahre länger leben sollen. Ob diese Studie tatsächlich existiert, bleibt jedoch unklar.
Küssen als Beziehungsbooster
Obwohl Küssen viele positive Effekte haben soll, spielt es in einer langen Beziehung oft eine geringere Rolle. Während zu Beginn einer Beziehung häufig und leidenschaftlich geküsst wird, lässt es mit der Zeit nach. Paare, die seit mehr als 20 Jahren zusammen sind, würden sich laut Kleen zwar weiterhin regelmäßig küssen, aber oft gehe die Intensität und Häufigkeit verloren. Anstelle von langen Knutschereien treten dann Gespräche über alltägliche Themen wie Kindererziehung oder die Lebenshaltungskosten.
Doch auch in langjährigen Beziehungen sollte das Küssen nicht unterschätzt werden. Der US-Psychologe John Gottmann rät Paaren, sich der Beziehung zuliebe mindestens zweimal am Tag sechs Sekunden lang zu küssen. Das sei eine simple Methode, um die Bindung zu stärken und das Glücksgefühl in der Partnerschaft zu fördern.
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Bild: Unsplash; CC0-Lizenz