
Was das Halten einer Katze mit deinem Gehirn macht – und mit ihrem
Unabhängig, einzelgängerisch und eigensinnig: So würden die meisten Leute Katzen beschreiben. Dabei wissen Halter*innen selbst, dass sie für ihre Stubentiger mehr sind als ein Dosenöffner im Format Mensch (auch wenn sie gerne witzeln, dass dem so wäre). Wissenschaftliche Studien zeigen: Sich eine Katze zu halten, hat positive Auswirkungen auf das Gehirn von Mensch und Tier. Im Mittelpunkt steht ein Hormon, das auch bei Eltern-Kind-Bindungen oder engen Freundschaften eine wichtige Rolle spielt: Oxytocin.
Oxytocin wird umgangssprachlich auch „Liebeshormon“ genannt. Der Grund hierfür ist einleuchtend: Oxytocin stärkt Vertrauen, Nähe und emotionale Bindung. Zudem wirkt es beruhigend, indem es Cortisol dämpft und das parasympathische Nervensystem aktiviert (auch „Ruhe-und-Verdauungssystem“ genannt). Der Körper entspannt sich schneller, Blutdruck und Puls sinken.
Bereits im Jahr 2002 belegte eine Studie, dass sanfter Kontakt mit Katzen diesen Effekt auslöst: Streicheln setzt Oxytocin frei, reduziert Cortisol und senkt den Blutdruck sowie das Schmerzempfinden. Katzen sind also richtige Wohlfühlbooster – ein Fakt, der Forscher*innen lange Zeit entgangen ist.
Katzen im Rampenlicht der Wissenschaft
Solche Untersuchungen konzentrierten sich lange Zeit auf Hunde. Irgendwo ist das auch nachvollziehbar, diese gelten immerhin nicht ohne Grund als bester Freund des Menschen: Seit mindestens 15.000 Jahren leben Hunde und Menschen nun schon eng zusammen. In dieser Zeit haben sich Hunde stark an uns angepasst – viel stärker, als es Katzen taten.
Mensch und Hund bilden ein so gutes Duo, dass es im Lauf der Menschheitsgeschichte vielleicht sogar mehrmals zueinander fand. Das schlossen Forscher*innen zumindest aus einer 2022 veröffentlichten Studie. Dieser zufolge könnte es passiert sein, dass Wölfe sowohl im östlichen als auch im westlichen Eurasien domestiziert wurden und das unabhängig voneinander.
Dass die Interaktion zwischen Hund und Mensch Oxytocin anregt, ist daher schon lange bekannt. Bei Katzen fehlte es dagegen an belastbare Daten, zumindest bis heute. Inzwischen haben bereits mehrere Studien der vergangenen Jahren diese Lücken gefüllt und liefern ein neues Bild der kleinen Vierbeiner.
Ja, auch Katzen haben Love Languages
Eine chinesische Studie, die im Februar 2025 erschienen ist, brachte eine besonders spannende Erkenntnis zutage. Wissenschaftler*innen untersuchten darin das Zusammenspiel von Katzen und Haltern in deren Zuhause. Über 15 Minuten hinweg beobachteten sie Spiel, Streicheleinheiten und Kuscheln und analysierten im Anschluss die Hormonwerte beider Seiten.
Dabei zeigte sich, dass die hormonellen Reaktionen der Katzen unterschiedlich ausfielen. Die Forscher*innen haben die Katzen anhand dessen in drei unterschiedliche Bindungstypen eingeteilt. Man kann es sich als so etwas wie ihre persönliche Love Language vorstellen. Dementsprechend reagiert jede Katze anders auf Streicheleinheiten und Nähe.
Im Rahmen dieser Studie wurden drei Bindungstypen identifiziert:
- ein sicherer
- ein vermeidender
- ein ängstlicher
Bei Tieren mit sicherer Bindung stiegen die Oxytocin-Werte bei Kontakt ebenso wie bei ihren Besitzern. Solche Katzen suchten aktiv Nähe – etwa, indem sie sich auf den Schoß ihres Halters*ihrer Halterin setzen, oder ihn*sie anstupsen durch. Je mehr Zeit sie eng bei ihrem Menschen verbrachten, desto stärker war der Effekt. Das sind also die richtigen Schmusekatzen
Dann gibt es all jene, die Kontakt eher meiden. Vermeidende Katzen hielten lieber Abstand von ihren Besitzern und zeigten bei Kontakt kaum hormonelle Veränderungen. Ängstliche Tiere suchten ihre Besitzer hingegen häufig auf, waren aber schnell überfordert, wenn sie berührt wurden. Bei diesen Katzen wurden bereits zu Beginn hohe Oxytocin-Werte nachgewiesen.
Wichtig für alle Katzenhalter*innen da draußen: Erzwingt ihr das Kuscheln, sinken Oxytocin-Werte vermeidender und ängstlicher Katzen. Darum solltet ihr dringend den Bindungsstil eurer Katzen kennen und respektieren. Sonst belastet ihr eure Bindung zu ihnen vielleicht noch, ohne es zu wissen.
So kommunizieren Katzen mit uns
Sucht eine Katze eure Nähe, will sie eure Aufmerksamkeit wegen irgendwas. Ein subtiles Signal, um Vertrauen zu zeigen, ist langsames Blinzeln: Blinzelt eure Katze auf diese Art und Weise, will sie damit zeigen, dass sie sich bei euch sicher fühlt und euch vertraut. Warum? In der Natur sind die allermeisten Katzen Einzelgänger, was sie anfällig für Angriffe von Artgenossen und anderen Raubtieren macht. Da will man nicht mit geschlossenen Augen erwischt werden. Blinzelt euch eure Katze langsam zu, will sie euch damit quasi sagen: „Ich sehe du bist keine Gefahr, ich vertraue dir. Du kannst bleiben.“
Schnurren ist ein weiteres wichtiges Mittel zur Kommunikation mit uns. Das beruhigt – nicht nur die Katze selbst, sondern auch Menschen, wie eine Studie ergeben hat. Laut einer weiteren Untersuchung kann Schnurren sogar den Herzschlag und Blutdruck senken. Das Liebeshormon Oxytocin spielt hier wieder eine wichtige Rolle.
Katzen sind zwar nicht die besten Therapeuten, aber sie geben sich Mühe
Die kleinen hormonellen Schübe, die Katzen täglich in uns auslösen, können wie ein Schutzschild für die Psyche wirken. Das Oxytocin, das Katzen während vertrauter Interaktionen bei uns im Gehirn freisetzen, kann Ängste abmildern und depressive Verstimmungen lindern.
Die Nähe einer Katze kann somit – zumindest einen Teil – der emotionalen Unterstützung ersetzen, die sonst enge soziale Kontakte mit anderen Menschen bieten. Vor allem dann, wenn man alleine lebt oder sich in einer stressigen Lebensphase befindet, können die Stubentiger sehr viel zurückgeben.
Wer freut sich mehr auf dich – Hund oder Katze?
Bleibt nur noch eine Frage offen: Freuen sich Katzen und Hunde gleichermaßen auf uns? Ein Experiment, das im Rahmen einer BBC-Dokumentation im Jahr 2016 durchgeführt wurde, könnte Aufschluss darüber geben (via CBS News). Dafür haben sich Forscher*innen die Hormonwerte von Mensch und Haustier nach 10-minütiger Spielzeit angeschaut.
Das Ergebnis: Bei Hunden stieg das Oxytocin-Level im Schnitt um 57 Prozent an, bei Katzen lediglich um rund 12 Prozent.
Hunde schütten beim Spielen mit ihren Besitzer*innen also eine höhere Dosis des Liebeshormons aus als Katzen. Warum, lässt sich anhand ihrer Evolution erklären:
- Hunde stammen von Wölfen ab, die als Rudeltiere auf enge soziale Bindungen ausgelegt sind.
- Unsere heutigen Hauskatzen entwickelten sich aus eher einzelgängerischen Jägern.
Katzen reagieren daher zurückhaltender und setzen Oxytocin nur dann frei, wenn sie sich sicher fühlen. Während Hunde ihre Zuneigung oft sofort zeigen, verlangt es also Geduld, das Vertrauen einer Katze zu gewinnen. Hat man es aber einmal geschafft, lohnt es sich auch.
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