Wer bist du, Hillary Clinton?
Hillary Clinton ist nun also offizielle Präsidentschaftskandidatin der US-Demokraten und wird im November gegen Donald Trump den Kampf um den Einzug ins Weiße Haus antreten. Und bei all der Aufregung um horrend schnell aufsteigende Republikaner und niedliche alte Herren mit utopischen Zukunftsvisionen stehen wir plötzlich da und stellen fest: Um die Mitte haben wir uns nicht gekümmert. So richtig wissen wir gar nicht, wofür sie steht, diese Clinton.
Besser als Trump, ja – und sonst?
Clinton ist besser als Trump, das ist so ziemlich das Erste, das man sicher weiß. Clinton ist liberaler als Joe Biden und nicht so idealistisch wie Bernie Sanders. Außerdem ist Clinton eine Frau, sie wäre die erste in diesem Amt, und noch dazu die Gattin des ehemaligen Präsidenten Bill Clinton. Von 2009-2013 war sie Außenministerin der Vereinigten Staaten. Es könnte ein Vorteil sein, dass sie ein bekanntes Gesicht in der Politik ist, wird gemutmaßt, sie muss sich keinem mehr vorstellen. Aber irgendwie ja doch, denn, so bemerkt auch die ZEIT, damit es den Wählern in Amerika nicht so geht wie uns, braucht sie auch: eine klare Botschaft. Man kennt ihr Gesicht, aber wirklich wichtig zu kennen wäre vor allem ihr Programm. Wofür steht Clinton genau, welche Ziele hat sie für Amerika? Was – und das ist eine ernst gemeinte Frage und keine böhmermannsche Pöbelei – was will diese Frau eigentlich?
Grundsätzlich gilt: Hillary Clinton will die Politik von Vorgänger Barack Obama weiterführen. Den umstrittenen Affordable Care Act, oder „Obamacare“, wie das Gesundheitspaket auch genannt wird, will Clinton behalten und setzt sich somit für eine verlässliche Krankenversicherung für alle ein – damit aber auch für einen Eingriff des Staatswesens in die Freiheit und das Privatleben der amerikanischen Bürger.
Bildung und Staatsbürgerschaft für alle
Hillary Clinton wäre nach 44 Männern die erste Frau an der Spitze Amerikas – dementsprechend liegt ihr Fokus auf Gerechtigkeit und der Gleichberechtigung von Frauen in aller Welt. Die umstrittene Organisation „Planned Parenthood“ soll ihrer Meinung nach weiterhin mit öffentlichen Mitteln finanziell unterstützt werden – Entscheidung über Schwangerschaft oder Abtreibung sieht Clinton bei den Betroffenen. Generell macht sie sich für Frauen stark: „Ich mag die erste Präsidentin der Vereinigten Staaten werden“, sagte sie am Dienstag auf dem Parteitag der Demokraten an junge Mädchen gerichtet, „Aber eine von euch ist die nächste.“ Deshalb will sie auch vor allem in Bildung investieren, den Bundesstaaten Zuschüsse in Milliardenhöhe gewähren und Zinssätze auf Studiendarlehen senken, um möglichst allen jungen Menschen trotz teurer Studiengebühren die Aussicht auf eine perspektivenreiche Zukunft zu ermöglichen.
Auch in der Einwanderungspolitik macht sie sich stark für die, die es nicht selber können und fordert, illegalen Einwanderern – rund 11 Millionen sind es derzeit in den USA – die amerikanische Staatsbürgerschaft in Aussicht zu stellen. Mit ihrem „Path to Citizenship“ will sie den Menschen, die „hart arbeiten, dieses Land lieben, Steuern zahlen, und nichts anderes wollen als sich und ihren Kindern eine gute Zukunft zu errichten“, kurz, Menschen, die in Amerika leben und sich als solche fühlen, auch die Chance geben, das offiziell auf dem Papier zu sein. Außerdem will sie in der Flüchtlingskrise aktiver werden: Während Obama 10.000 syrische Flüchtlinge aufnehmen will, hat Clinton gefordert, die Zahl auf 65.000 zu erhöhen.
Mit vereinten Kräften gegen den IS
Fast täglich werden wir von Schreckensnachrichten des IS erschüttert: Hillary Clinton will den Kampf noch härter angehen als ihr Vorgänger. Heißt: Sie fordert verstärkten Einsatz von Spezialkräften, mehr Bodentruppen in Syrien und im Irak. Zudem soll die innere Sicherheit im Land erhöht werden. Ihr Ziel ist klar: Sie will den Islamischen Staat „besiegen und zerstören“. Das Waffenrecht in Amerika dagegen will Clinton verschärfen: Und erst nach einem ausgiebigen „Background Check“ US-Bürgern den Waffenkauf erlauben.
Wie Obama, mit mehr Fokus auf Frauen und soziale Gerechtigkeit
Bernie Sanders, ihr ehemaliger Konkurrent um die Kandidatur, stärkt ihr jetzt den Rücken: Er hat verstanden, dass es letztlich nicht um die Person geht, sondern um die Botschaft, die von ihr verkörpert wird. Nun soll Clinton als Vertreterin der Demokraten Amerika führen – und am besten eine politische Mauer um Donald Trump bauen, meterdick. Sie will Amerika im Kampf gegen den IS stärken und gegen russische Aggressionen aus Putins Richtung eintreten. Sie steht, ganz im Gegensatz zu Trump, für ein vereinigtes Amerika, das Unterschiede in der Gesellschaft versucht zu bekämpfen und Einwanderer in die Gemeinschaft zu integrieren. Während Trump das Waffengesetz nicht antasten will, will Clinton die Regeln verschärfen und Waffenhändler mit in die Verantwortung nehmen.
Hört sich alles ganz gut an. Jetzt muss Clinton es nur schaffen, ihre Botschaft auch ansprechend zu verpacken – denn während Trumps Anhänger dem megalomanen Blondschopf förmlich an den Lippen hängen, fehlt der 68-jährigen noch die glühende Anhängerschaft, die man in der Politik leider nur mit spitzen Pfeilen erreicht. Wenn Clinton ihre Ziele ab November im Oval Office umsetzen will, darf Eines nicht mehr passieren: dass wir nachschlagen müssen, wofür sie überhaupt steht.
Das könnte dich vielleicht auch interessieren:
Folge ZEITjUNG auf Facebook, Twitter und Instagram!
Titelbild: Marc Nozell unter cc by 2.0