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Wie ein Survival-Training unsere Männerfreundschaft veränderte

 

Wir gehen nebeneinander und schweigen. Das ist mit Adri oft so. Es ist kein unangenehmes Schweigen, aber ich weiß trotzdem nicht so wirklich, über was ich mit ihm reden soll. Denn er ist jemand, der sich gerne zurückzieht. Der seine Freundin fast nie mitbringt, der oft nicht mitkommt, wenn wir feiern gehen und der für spontanes Verrücktsein nur zu haben ist, wenn er betrunken ist. Er interessiert sich für den Irak-Krieg und Heidegger und mag keine Trinkspiele. Noch weniger scheint er den Trip zu mögen, den wir machen. Den ganzen vorigen Tag hatte er schlechte Laune. Wenn er das Feuer nicht anbekam oder unser Ausbilder uns beibrachte, wie man mit Gepäck einen Fluss überquert. Jetzt, wo wir das Gelernte anwenden sollen, scheint er noch mieser drauf zu sein. Also lasse ich ihn und wir stapfen in den Wald hinein. Ich gehe voraus mit dem Kompass, der ständig auf die Idee kommt, die Nadel in eine neue Richtung springen zu lassen.

 

Null Bock auf Wildnis

 

Irgendwann, nach stundenlangem Marsch, tun uns die Füße weh und wir haben genug vom Unterholz. Also gehen wir nach Westen. Wir wissen, dass dort ein See liegt, an dessen Ufer wir unser Lager aufschlagen sollen. Eigentlich ein paar Kilometer weiter nördlich. Das ist uns egal. Wir halten unsere Füße in das kühle Nass, setzen uns ins Gras, trinken ein Bier, das wir mitgeschmuggelt haben, obwohl unser Ausbilder uns eingeschärft hat, dass jedes unnötige Gramm ganz fürchterlich sei. Wir beschließen, hier zu bleiben, an dem kleinen See. Wir beschließen, es sein zu lassen mit dem Laufen und den Challenges. Also machen wir uns daran, unser Zelt aufzubauen. Wir beide sind absolut keine Naturtalente, wenn es um den Aufbau von Zelten geht. Das machte sonst immer Leon. Also blaffen wir uns an, wenn einer von uns nach Ansicht des anderen nicht richtig festhält. Irgendwann steht das Zelt und es wird dunkel.

Also Feuer machen. Immer aggressiver schaben wir mit dem Firesteel und immer ungeduldiger versuchen wir, die Funken zum Entzünden des Brennholzes zu bringen. Irgendwann, nachdem unsere Hände schon weh tun, schaffen wir es, aber es fühlt sich nicht nach einem Triumph an. Ich bin etwas genervt, dass Adri sich augenscheinlich keine Mühe gibt, dem Trip etwas abzugewinnen. Schließlich träumen so viele Männer davon, mit einem guten Freund so was zu machen. Er nicht. „Schön, dass mein Onkel mich so gut kennt“, hatte er gesagt. Und er hat recht. Es ist absurd, sich Adri vorzustellen, wie er mit Tarnfarbe im Gesicht durch Gebüsche robbt, jagt oder Feuer macht.

Ich starte einen letzten Versuch, ihn zu überreden, doch einige der Aufgaben zu machen, die die Zweierteams, die an diesem Wochenende beim Survival-Training mitmachen, zu erledigen. Er hat keine Lust, also lasse ich es und denke: Zelten ist sowieso besser als Schnitzeljagd für Erwachsene. Und Feuer haben wir ja hinbekommen. Immerhin. Es wird immer dunkler, der Himmel schickt sich an, die Wolken in einer epischen Schlacht zu vertreiben und sie durch Schwarz zu ersetzen, das von winzigen Sternen gesprenkelt ist. Der Mond sieht winzig aus, als er sich langsam über uns schiebt. „Ich dachte immer, der Mond sieht viel größer aus in der Wildnis“, sage ich.