Twitter-Account von Trump offline

Wir müssen endlich besser darin werden, Fake News zu erkennen

Dieser Text ist eine Zusammenarbeit mit dem Masterstudiengang Film- und Medienkulturforschung der LMU München.

Ein Terroranschlag mitten in Mannheim, 136 Tote und 237 Verletzte. 50 Angreifer attackieren mit Macheten und Messern Passanten. Es ist der „bisher größte Terroranschlag in Westeuropa“ – und nur ein einziger Blog berichtet darüber? Klingt fake, ist es auch. Ein von vorne bis hinten erfundenes Ereignis, das am 25. März 2018 auf dem Rheinneckarblog erschien – die Auflösung, dass es sich bei diesem Text nur um Fiktion handelte, ließ der Autor Hardy Prothmann hinter der Paywall verschwinden. Wer nicht zahlte, blieb im Unklaren. Rund 20.000 Menschen lasen den Text bis zur Paywall, mehrere besorgte Anrufe gingen bei der Polizei ein, die kurz daraufhin auf Facebook verkündete: „Es handelt sich um einen erfundenen Text.“

 

 

Jetzt wurde Prothmann zu einer Geldstrafe von 12.000 Euro verurteilt. Das Amtsgericht Mannheim „sah es als erwiesen an, dass Prothmann den öffentlichen Frieden gestört habe, indem er wider besseres Wissen vortäuschte, im Stadtgebiet stünden Straftaten wie Mord oder Totschlag bevor.“ 

All das sei nur im Sinne der Aufklärung geschehen, argumentierte der Autor. Jeder vernünftige Leser hätte sofort erkennen können, dass der Text ein Fake sei. Er habe ein Bewusstsein schaffen wollen für mangelhafte Medienkompetenz und Terrorgefahr in Deutschland. Prothmann und sein Anwalt kündigten an, in Berufung zu gehen.

 

Medienkompetenz verbessern: Ja, bitte, aber nicht so

 

Wir müssen nicht weiter darüber reden, dass Prothmanns Idee einzigartig dumm und noch dazu ziemlich gefährlich war. Nichtsdestotrotz kann sie als gutes Beispiel dafür dienen, wie man den herrschenden Mangel an Medienkompetenz nicht tackeln sollte. Und ja, es fehlt definitiv an Medienkompetenz. Forscher am MIT haben für eine 2018 erschienene Studie 126.000 Nachrichten-Ketten von Twitter analysiert und kamen zu erschreckenden Ergebnissen. So verbreiten sich falsche Nachrichten deutlich schneller im Netz als wahre; dafür verantwortlich sind nicht nur die oft kritisierten Bots, sondern Internetuser wie du und ich. Warum? Weil Fake News einen höheren Neuigkeitswert haben, vermuten die MIT-Forscher. Und was neu und aufregend klingt, teilen wir gerne mit anderen. Außerdem gewichten Menschen Negatives stärker, ergänzt Nicole Krämer, Professorin für Sozialpsychologie an der Universität Duisburg-Essen, auf sueddeutsche.de. Demnach werden negative Nachrichten wie etwa über einen Terroranschlag schneller verbreitet – auch wenn sie falsch sind.

Daraus ergibt sich eine Lektion für uns alle: Schau lieber zweimal hin, wenn dir eine Nachricht über den Weg läuft, die zu neu und zu aufregend klingt, um wahr zu sein. Das heißt zwar nicht, dass es sich dabei dann wirklich um einen Fake handeln muss – bei der Schlagzeile Daniel Küblböck bei Kreuzfahrt über Bord gegangen zum Beispiel hätte ich Stein und Bein geschworen, dass sich das jemand ausgedacht hat –, aber ein erster Anhaltspunkt kann es sein.

Fake News zu erkennen kann man außerdem ziemlich einfach lernen. Die Tagesschau beispielsweise hat ein kurzes Tutorial-Video erstellt, das anschaulich erklärt, worauf man beim Bewerten von (Falsch-)Nachrichten achten sollte. Die Organisation mimikama, die sich der Aufklärung von Fakes im Internet verschrieben hat, gibt ebenfalls gute Tipps. Und mithilfe des Online-Spiels Bad News lernst du innerhalb weniger Minuten, welche Strategien Fake News-Macher anwenden, um dich zu verarschen.

 

Am 23., 24. und 25. Januar 2019 veranstaltet der Masterstudiengang Film- und Medienkulturforschung der LMU München eine Tagung zum Thema Fake: Von Fake News über Fake Science hin zum Fake in Film, Fernsehen, Social Media, Journalismus und Gaming. Der Eintritt ist kostenlos, Getränke und Snacks ebenfalls. Alle Informationen findest du hier.

 

Folge ZEITjUNG auf FacebookTwitter und Instagram!

Bildquelle: Gage Skidmore unter CC BY-SA 2.0