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Arbeit bleibt Arbeit und Hobby bleibt Hobby

Die erste Woche des neuen Jahres ist schon rum. Und wir hatten uns doch so viel vorgenommen! Jeder bastelt – laut oder heimlich – kurz vor knapp noch an seinen Vorsätzen. Vielleicht nicht unbedingt in der platten Form von „Ab dem ersten Januar werde ich viel gesünder leben“, sondern eher im Allgemeinen. Im Sinne von: Das neue Jahr, ein neuer Anfang. Das Jahr schlechthin, in dem wir endlich unsere Ziele umsetzen werden. Und dann schlittert man volltrunken von 365 auf 1, wacht am nächsten Tag mit einem Gefühlskater auf und ahnt es bereits: Dass uns auch der Start in das Erfolgsjahr 2015 irgendwie schon wieder zu entgleiten droht.

Auch ich habe mir still und leise etwas vorgenommen. Geisteswissenschaften zu studieren ist kein Spaß. Man wird ständig mit der unbequemen Frage konfrontiert: „Und? Was willst du später mal damit machen?“ Eine Poesiealbumfrage, die wir doch früher mit Leichtigkeit beantworten konnten. Lehrer, Feuerwehrmann, Tierärztin – und was halt noch so in Kinderköpfen für Traumberufe existieren. Als ich sechs Jahre alt war und gerade mal die ersten Buchstaben vom ABC gelernt hatte, wollte ich unbedingt Schriftstellerin werden. Mit der Zeit aber wuchsen meine Erfahrungen, die Realität schlich sich in die Tagträumereien ein und mittlerweile habe ich es verlernt, auf die Frage nach meinen Zukunftsplänen eine Antwort parat zu haben. Letztendlich formte sich ein ganz anderer Gedanke in meinem Kopf: Ob man das, was einem Spaß macht, überhaupt zum Beruf machen sollte.

Lebe deinen Traum?

Die Karriereberaterin Svenja Hofert ist Verfechterin der Phrase „Lebe deinen Traum“. Kaum ein anderer Rat ist so leicht dahergesagt und gleichzeitig so schwer umzusetzen wie diese Philosophie. „Fang an zu träumen“, schreibt sie in ihrem Artikel für Spiegel Online und rät dazu, sich Schritt für Schritt zu seinem Ziel vorzuarbeiten. Sich nur auf den Erfolg am Ende der Bemühungen zu konzentrieren, sei falsch. „Auch ich war vor elf Jahren konzernmüde und habe einen sicheren Job an den Nagel gehängt, um mich in eine ungewisse Zukunft Richtung Hobby zu stürzen, Bücher zu schreiben und Menschen zu trainieren und zu beraten“, beschreibt sie ihren Wandel: „Ich habe einfach nur an den jeweils nächsten Schritt gedacht – ein Erfolgskonzept, das sich bei allen Menschen, die ich aus einer Angestelltentätigkeit in die Selbständigkeit begleitet habe, bewährt hat.“

Eigentlich klingt es ja ganz einfach. Sich auf dem Weg zu seinem perfekten Job nicht allzu viel auf einmal aufzulasten, um nicht auf halber Strecke einfach entkräftet liegen zu bleiben. Und tatsächlich lernt man manchmal Menschen kennen, die mit genau dem Geld verdienen, was vorher eigentlich nur ihr Hobby gewesen war. Vor kurzem kam ich mit einem DJ aus Österreich ins Gespräch, der erst 20 ist, aber bereits von seiner Musik leben kann. Für ihn käme nichts anderes in Frage, meinte er. Ein Job, der ihn nicht glücklich machen würde? Er schüttelte nur den Kopf. Das einzig anstrengende an seinem Beruf sei, dass er bereits Ende 2014 für das folgende Jahr schon komplett verplant war, meinte er. Aber das fände er gut. Vorhersehbar irgendwie und sicher – eine Garantie dafür, weitere zwölf Monate Tracks produzieren zu dürfen.

Realität und Träume

Der DJ aus Österreich ist eine Ausnahmeerscheinung. Vielleicht hatte er Glück, war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Aber die Mehrheit hat das nicht. Jeder hat Hobbys, Leidenschaften, die wir oft nur allzu gern in einen Job umwandeln würden, der uns über Wasser hält. Aber das funktioniert nicht immer. Sei es, weil das Talent nicht ausreicht oder die Konkurrenz einfach besser vernetzt ist. Oder weil der Mut, den man sich mühselig zusammen gekratzt hat, doch nicht reicht. Oder am Ende hat man sogar den Traum in die Realität gezerrt, nur um dann zu erkennen, dass das in einen Beruf umgemünzte Hobby plötzlich überhaupt keinen Spaß mehr macht – sondern einfach nur noch scheiße ist.
Dass Hobbys Hobbys bleiben und der Beruf nicht unbedingt das sein muss, was in unserer Freizeit den ersten Platz einnimmt, ist aber nicht schlecht. Im Gegenteil. Ein Freund von mir hat seine Schreinerlehre abgebrochen und ist nun Einzelhandelskaufmann. Möbel entwirft er immer noch – aber ist viel glücklicher damit, dass er sie nebenher machen kann, ohne Vorschriften, ohne das Gefühl, damit Geld verdienen zu müssen.

Glück und Zwang getrennt lassen

Natürlich wäre es schön, das, was man liebt, zu seinem Beruf machen zu können. Und in manchen Fällen gelingt das auch. Aber es geht auch anders – indem man eben einfach sein Hobby weiterhin als Hobby behält. Dadurch, dass man weiterhin am Wochenende Musik produziert, Klamotten näht oder zu jedem Fußballspiel rennt, bleibt es eben, was es ist: eine Freizeitaktivität. Etwas, was nichts mit der täglichen Überlebensabsicherung zu tun hat. Nichts, das sich plötzlich – durch all den Druck und den Zwang – in etwas verwandelt, das uns mehr bedrückt als befreit.

Ich schreibe nach wie vor Texte. Schon allein dieser Artikel würde mich Lügen strafen, wenn ich etwas anderes behaupten würde. Aber es hängen nicht tausend Rechnungen davon ab, ob ich allein durch meine Worte mein Leben finanzieren kann. Das kann ich nicht und das will ich auch nicht. Weil ich es dann nicht freiwillig machen würde – sondern weil ich müsste. Und Zwang und Glück sind einfach zwei Wörter, die nicht zusammenpassen.

Mein Vorsatz ist auf die Frage, was ich mit meiner Zukunft anfangen will, folgende Antwort zu geben: Dass ich bereits jetzt schon etwas mache, was mich glücklich macht. Aber dass es mit dem Beruf, mit dem ich später mal mein Geld verdienen werde, überhaupt gar nichts zu tun haben muss. Und dass das auch nicht so wichtig ist. Solange ich weiterhin nebenher das machen kann, was ich garantiert gern tue.

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Bildquelle: Hayden Petrie unter CC BY 2.0