Flugblatt-Affäre: Ermittlungen gegen Aiwangers Lehrer laufen

Auf die Affäre um ein antisemitisches Flugblatt, welches zu Schulzeiten beim Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger gefunden wurde, könnte nun doch noch ein Gerichtsurteil folgen: Die Ermittlungen richten sich allerdings nicht gegen Aiwanger, sondern seinen ehemaligen Lehrer, der diese Information den Medien zugespielt haben soll.

Gegen den ehemaligen Lehrer von Aiwanger wurde nämlich ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Regensburg laufen die Ermittlungen bereits seit Anfang September. Eingeleitet worden seien sie nach diversen Anzeigen im Zuge der Berichterstattung um ein antisemitisches Flugblatt, welches in den 1980er Jahren beim damals noch jungen Hubert Aiwanger in der Schultasche gefunden wurde. Was genau darin steht, könnt ihr in diesem Artikel von t-online nachlesen.

Wurde die Verschwiegenheitspflicht verletzt?

Es bestehe ein Anfangsverdacht der Verletzung von Dienstgeheimnissen (§ 353b StGB) und der Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB), heißt es aus der Staatsanwaltschaft. Doch was bedeutet das genau?

Lehrer*innen haben eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht: Diese betrifft alle Angelegenheiten, die im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt geworden sind. Ausnahmen werden nur bei Mitteilungen im dienstlichen Verkehr gemacht oder bei Tatsachen, die entweder offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen (darunter fallen ganz unbedeutende Angelegenheiten, die auch in Zukunft keine nennenswerte Bedeutung gewinnen). Laut der Landesanwaltschaft gilt diese Verschwiegenheitspflicht auch für Beamte im Ruhestand – ob sich der ehemalige Lehrer mit der Offenlegung dieses Pamphlets strafbar gemacht hat oder nicht, soll nun ermittelt werden.

Ein notwendiges Übel?

Es lässt sich nicht bestreiten, dass es Argumente dafür gibt: Das Flugblatt ist im schulischen Umfeld aufgetaucht und war – bis zur Veröffentlichung – nicht offenkundig bekannt. In Anbetracht der zu der Zeit noch bevorstehenden Landtagswahlen war das auch keine unbedeutende Angelegenheit. Man könnte argumentieren (und das wurde zur Genüge getan), dass es schlicht ein Versuch gewesen sei, Aiwanger politischen Schaden zuzufügen.

Bezieht man aber den Inhalt des Flugblatts in die Gleichung mit ein, so wäre es im öffentlichen Interesse, über die Existenz dieses Pamphlets informiert zu sein. Schließlich reden wir hier vom stellvertretenden bayrischen Ministerpräsidenten und dem Vorsitzenden der inzwischen zweitstärksten Partei in Bayern. Da liegt es im Interesse aller Bürger*innen, über die politischen Ansichten von Personen informiert zu sein, die sie repräsentieren wollen – auch jene, die nicht offen ausgesprochen werden. Zudem ist ein solch menschenfeindliches und die Opfer des Holocaust verhöhnendes Flugblatt weder ein Bagatelldelikt, noch lässt es sich mit jugendlicher Dummheit allein erklären.

Hubert Aiwanger und seiner Partei scheint die Flugblatt-Affäre unterdessen nicht im Geringsten geschadet zu haben, ganz im Gegenteil: Die Freien Wähler dürfen sich aktuell über herausragende Wahlergebnisse und offenbar auch über ein viertes Ministerium freuen, wie etwa der Tagesspiegel schreibt.

Verwendete Quellen:

Gleich weiterlesen:

Folge ZEITjUNG auf FacebookTikTok und Instagram!

Bildquelle: Juliane Liebermann via Unsplash, CC0-Lizenz