Alexandra Zykunov: „Was wollt ihr denn noch alles?!“

Ein paar Kritikpunkte gibt es da doch

Das heißt nicht, dass ich das Buch perfekt finde: So wird etwa an einem Punkt im Buch (S. 82-83) behauptet, der positiv konnotierte Begriff „herrlich“ komme von Herr, also Mann, und der negativ konnotierte Begriff „dämlich“ von Dame, also Frau – ein klarer Fall von Sexismus in der Sprache. Die Ähnlichkeiten sind auf jeden Fall so verblüffend, dass es eine weit verbreitete Meinung ist. Etymologisch gesehen hat „dämlich“ aber genauso wenig mit der Dame zu tun wie „herrlich“ mit dem Herr. Gerade weil Zykunov im restlichen Buch weitaus höhere Standards setzt und viele verdammt wichtige Themen anspricht, ist so ein grober Fehler (zumindest würde ich es als solchen bezeichnen) echt schade.

Des Weiteren ist es einfach nur falsch, die japanische „Manga-Kultur“ als einen „Teil der Pornoindustrie“ zu bezeichnen, wie Zykunov die „EMMA“-Redakteurin Annika Ross zustimmend zitiert (S. 59). Manga sind ein Medium – eines, welches eine Vielzahl an diversen Geschichten erzählen kann. Es gibt nicht ohne Grund eine Unterscheidung zwischen Manga (Comics), Anime (animierte Serien und Filme) und Hentai (sowohl für animierte Pornographie als auch derartige Comics). Die Übersexualisierung weiblicher Figuren in vielen Manga und Anime ist ein Thema, aber von Pornographie kann da – ganz egal, wie man es auslegt – keine Rede sein.

Für wen lohnt sich das Buch?

Kann ich das Buch trotz dieser Kritik weiterempfehlen? Ja, im Großen und Ganzen schon. Denn auch wenn ich mit der Autorin in einigen Punkten nicht einer Meinung bin, so heißt das noch lange nicht, dass damit das ganze Buch invalidiert wäre. Alexandra Zykunov hat hier einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, Formen sexistischer Diskriminierung zu sammeln und aufzuzeigen.

Daher mein Fazit: Das Buch ist für all diejenigen, die sich anhören müssen, dass wir doch schon alle gleichberechtigt seien. Es liefert fundierte Beispiele und Zahlen, mit denen du auf die typischen Einwände antworten und so vielleicht auch die eine oder andere Person überzeugen kannst. Nicht unbedingt die Menschen, die strikt gegen Feminismus sind, aber zumindest jene, die ein offenes Ohr haben. Wenn man nämlich nicht ganz so genau hinschaut, könnte man schnell meinen, wir seien in Sachen Gleichberechtigung schon weiter, als wir es wirklich sind.

Buchcover

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Bildquelle: Alexandra Zykunov, Bild von Hans Scherhaufer