Desillusionierung Aussteiger Digital Nomade

Warum das Aussteiger-Leben alles andere als erstrebenswert ist

Bindungen sind kostbar

 

„Das, was heute knapp und kostbar erscheint, ist nicht mehr die Freiheit, sondern die Bindung“, sagt die an der TU Darmstadt lehrende Soziologin Cornelia Kloppetsch im Interview mit dem SZ-Magazin. Und genau so ist es: Bricht man aus – und das ist heute so leicht wie nie zuvor -, löst man gleichzeitig alle Bindungen des alten Lebens. Man ist mit neuen Ängsten konfrontiert, man zahlt den Preis der Einsamkeit.

Es fehlt dann der Plausch mit den Arbeitskollegen in der Mittagspause. Es fehlt das Mittagessen mit der besten Freundin, es fehlt die Kneipentour mit dem Freund aus Schultagen. „Irgendwann muss jeder ankommen. Wer immer rastlos bleibt, der flieht vor etwas“, bringt es Monica auf den Punkt. Und genau dieser Aspekt lässt uns erkennen, dass die Träumereien auf dem Weg in die Uni oder zur Arbeit romantisierte Vorstellungen sind, die real nicht existieren.

„Glück ist nur echt, wenn es geteilt wird“, erkannte auch die Lichtgestalt der Abenteurer und Anderslebenden Christopher McCandless, dessen Geschichte durch Sean Penns Film Into the Wild weltbekannt wurde. McCandless starb alleine in der Wildnis. Er hatte die unendliche Freiheit erlangt, desillusionierend war aber die Einsamkeit, die Härte, die ihm die Natur abverlangte.

Und sind wir doch mal ehrlich: Ist es nicht das Schönste, wenn man von Reisen zurück kehrt, braungebrannt die Tür zur Stammkneipe aufstößt und in all die vertrauen Gesichter blickt, sich später leicht angetrunken ins Bett legt. In sein Bett, in seiner Wohnung und dann am nächsten Morgen in den Tag startet und einem die Stadt so viele Erinnerungen zuflüstert. Reisen, Ausbrüche, Neues und Abenteuer sind etwas Kostbares, der perfekte Gegenentwurf zum eigenen Leben sind sie sicher nicht – sondern eine Wunschvorstellung, die einen hohen Preis von einem verlangt.