Oleg Penkowski (Merab Ninidze), mehr als nur ein ehemaliger Sowjetoffizier. © Liam Daniel/Telepool

Der Spion: Merab Ninidze – der heimliche Star neben Cumberbatch

ZEITjUNG: Wie sehr hat Ihre Herkunft Ihre Rolle beeinflusst?

Merab Ninidze: Ich habe die Sowjetunion als Georgier erlebt und gesehen, welche Rolle die Russen darin hatten. Ich bin mit dem System des Kommunismus aufgewachsen, allerdings bin ich 1965 geboren und die Situation, die ich als junger Mensch wahrgenommen habe, war eine völlig andere als diejenige in den Anfangsjahren des Kommunismus, wie es mein Großvater miterlebt hat. Er hat mir erzählt, wie sehr er an die Idee des Kommunismus geglaubt hat und wie enttäuscht er nach dem Krieg war, als in den ersten Jahrzehnten der Sowjetunion so viele dieser Ideale verraten wurden. Also hatte ich diese Erzählungen und Gefühle im Hinterkopf, als ich die Rolle des Penkowski gespielt habe.

Außerdem habe ich auch selbst als junger Mensch Erfahrungen mit dem KGB gemacht. Wir waren mit meiner damaligen Theatergruppe auf Tournee im „Westen“ und hatten Aufpasser vom KGB dabei, die darauf achteten, dass wir nach unseren Auftritten schnurstracks wieder in unser Hotel zurückkehrten und ja keinen Kontakt zu den „westlichen“ Jugendlichen aufnahmen. Auch diese Erfahrungen, wie es sich angefühlt hat, in der Sowjetunion zu leben, war sicherlich ein Plus für die Rolle.

ZEITjUNG: Warum haben Sie Ihre Heimat Georgien verlassen? Wollten Sie schon vor dem Zerfall des Ostblocks weg?

Merab Ninidze: Mit 13 Jahren durfte ich zum ersten Mal als Teil einer Theatergruppe nach England reisen. Das Leben dort war einfach ganz anders als in Georgien und hat mich damals sehr beeindruckt – die ganze Lebensart und die Musik, v.a. die Beatles, Pink Floyd, etc. Als ich wieder nach Hause kam, habe ich meinen Eltern verkündet, dass ich Englisch lernen will, um mich vorzubereiten, wenn ich wieder nach England zurückkommen würde. Das war wohl schon die erste, innere und unbewusste Vorbereitung zur Flucht (lacht). Aber eigentlich musste ich nicht fliehen im eigentlichen Sinne: In den 80er habe ich mit einer englischen Theatergruppe zusammengearbeitet, danach kam ich nach Wien. Von dort aus konnte ich erstmal wegen des Bürgerkriegs nicht nach Georgien zurück. Also blieb ich und lernte Deutsch.

ZEITjUNG: Im Film „Nirgendwo in Afrika“ von 2001 wurde Ihre Hauptrolle von Herbert Knaup synchronisiert. Wie ist es in der deutschen Version von „Der Spion“? Hört man da Ihre Stimme?

Merab Ninidze: Ja, ich habe mich selbst synchronisiert (macht eine siegessichere Geste und lacht). Als ich gefragt wurde, ob ich mich auf Deutsch selbst sprechen will, war ich zunächst zögerlich und hatte Respekt vor dem Aufwand und der Herausforderung. Dann hielt ich inne und dachte: „Natürlich mache ich das!“ Während des Einsprechens der Rolle habe ich dann festgestellt, dass manche Dinge auf Deutsch sogar witziger klingen. Es war ein Vergnügen, diese Arbeit zu machen und auch sehr bereichernd. Generell bin ich froh, dass ich mich nun in manchen Rollen selbst synchronisieren kann.

ZEITjUNG: Welche Botschaft hat der Film für die heutige Zeit? Welche Relevanz besitzt er für die junge Generation, die diese Zeit nicht miterlebt hat?

Merab Ninidze: Die Botschaft des Films ist es, sich zu entscheiden, gegen den Strom zu schwimmen, ein Risiko einzugehen, etwas zu anzusprechen, was keiner gerne hört und Ungerechtigkeiten beseitigen zu wollen und danach zu handeln. Man könnte die Geschichte mit Edward Snowden vergleichen, der ebenfalls ein hohes Risiko eingegangen ist, um Geheimdokumente öffentlich zu machen und damit Unrecht einzudämmen. Ich glaube, wir brauchen solche Vorbilder, die den Mut haben, alles zu riskieren, um einer größeren Sache zu dienen und etwas Heldenhaftes zu tun. „Der Spion“ kann als Vorbild dienen, um zu zeigen, was es kostet, ein Held zu werden.

ZEITjUNG: Vielen Dank für das Interview!

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Bildquelle: © Liam Daniel/Telepool