Junger Mann mit Dreadlocks

Dreadlocks: Reggae, Kiffen und Läuse?

Dreadlocks, Dreads oder Filzlocken – für die Träger ist die Frisur häufig Ausdruck ihres individuellen beziehungsweise alternativen Lebensstils. Oder?

Campen statt Hotel, Trampen statt fliegen – alternative Lebensstile gibt es viele. Doch leben auch Menschen, die sich bewusst für verfilztes Haar entscheiden, automatisch einen alternativen Lebensstil? Wie werden aus normalen Haaren eigentlich Dreadlocks? Und stimmt es, dass Dreads anfälliger sind für Läuse?

 

Die Geschichte der Dreads – kurz und bündig

 

Noch bevor Bob Marley oder Whoopi Goldberg sie trugen, waren Dreadlocks schon in Mode. Und das hatte in erster Linie religiöse Gründe: Angefangen bei den Azteken, wo das verfilzte Haar als Statussymbol von Priestern galt, über den Hinduismus (bestimmte Mönche sahen sie als direkte Verbindung zu Shiva) bis hin zum Islam, wo beispielsweise die Sufismus-Ordensgemeinschaft traditionell Dreadlocks trägt.
Die heutige Dreadlocks-Verbreitung hat ihren Ursprung allerdings bei den Rastafaris aus Jamaika, einer Bewegung aus den 1930ern. Entstanden ist sie aus dem Wunsch heraus, sich von der Kultur der Weißen (der britischen Kolonialmacht) und ihrem Schönheitsideal abzugrenzen. Und verfilzte Haare fand die weiße Oberschicht damals so gar nicht schick. Auf sie wirkte es eher bedrohlich und abstoßend – daher auch der Begriff “dreads“ aus dem Englischen für Furcht (dreadful = furchtbar, schrecklich) und “locks“ für Locken.
Mit der Verbreitung der Reggae-Musik wurden die Dreadlocks schließlich in die weite Welt getragen – und mit ihnen auch das Klischee, dass alle „Dreadheads“ Kiffer sind. Dieses hält sich bis heute. Dabei sind Dreadlocks-Träger nicht automatisch Verfechter von „Kiffer-Partys“ oder generell einem alternativen Lebensstil. Auch wenn sich sicherlich einige hierfür entscheiden, um ein bestimmtes Lebensgefühl auszudrücken (weltoffen, tolerant), handelt es sich bei Dreadlocks doch in erster Linie um eine Frisur. Weder gibt es eine Kleidervorschrift für Dreadheads noch ein Muss, Reggae zu hören.

 

Wie macht man Dreads?

 

Gut Dread will Weile haben. Denn: Wer sich für diese Frisur entscheidet, braucht in erster Linie Geduld. Das langsame Verfilzen, während das Haar weder geschnitten noch gekämmt wird, erfolgt in der Regel ganz ohne Zutun. Und das dauert!
Wer keine Zeit oder Muse dafür hat, kann aber auch nachhelfen. Beispielsweise über das mechanische Verfilzen: Das vielfach wiederholte Kämmen entgegen der Haarwuchsrichtung führt letztlich dazu, dass das Haar sich aufraut beziehungsweise toupiert wird (Backcombing-Methode). Alternativ bietet sich eine Methode an, bei der die Haare zwischen zwei Fingern gerieben werden, bis kleine Knoten entstehen.
Für alle, die sich den Versuch, Dreadlocks selber zu machen nicht zutrauen, gibt es spezialisierte Frisöre oder Dreadlocks-Studios.

 

Dreadlocks = Läuse-Paradies?

 

Dreadlocks sind für viele ein unbegreiflicher Look – und gesellschaftlich noch immer nicht konform. Viele Dreadheads müssen mit schiefen Blicken rechnen und sich mit Fragen auseinandersetzen wie „Kann man die überhaupt waschen?“, „Schimmeln die nicht?“ oder „Hast du keine Angst, dass sich Läuse in deinen Dreads einnisten?“ Vor allem letztere Frage ist ein Klassiker. Doch stimmt das, sind Dreadlocks ein Paradies für Kopfläuse?
Wie bei allen anderen Haaren, können sich auch in Dreadlocks Läuse einnisten. Dass sie sich darin vermehrt ausbreiten muss aber nicht sein – denn entgegen der weitläufigen Meinung sind Kopfläuse kein Anzeichen mangelnder Hygiene. Sie brauchen einfach einen Wirt! Dabei befallen die Parasiten bevorzugt Kinder, da in Kindergärten oder Schulen häufig enger Körperkontakt vorliegt und die Läuse so schnell von einem Wirt zum nächsten krabbeln können.
Wer selbst Kinder hat, beruflich oder in seiner Freizeit mit ihnen zu tun hat, muss mit gesteigerten Chancen rechnen, selbst Läuse zu bekommen. Und was, wenn es sich die Laus in den Dreads gemütlich macht? Den Versuch, sie mit Anti-Läuse-Mitteln zu bekämpfen (ein Nissenkamm funktioniert leider nicht), lohnt sich durchaus – mit Geduld und Hartnäckigkeit kann es gelingen. Denn die Alternative hieße wohl: abschneiden oder abrasieren.

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Bildquelle: unsplash/ Brooke Cagle unter CC0 Lizenz