Kompromisse

Eine Idee Liebe: Faule Kompromisse

Die romantische Liebe ist zum Kitt unserer Paarbeziehungen geworden. Dass sie der Kitt zweier Menschenleben ist, ist dabei eine noch recht junge Erfindung. Seitdem hat sich viel getan. In dieser Kolumne beschäftigen sich unsere zwei Autorinnen Lena und Rahel mit dem Ursprung der romantischen Liebe. Wo kommt sie her, wo will sie hin? Ist die Liebe zwischen Swipe links und Swipe rechts nur noch ein Produkt der Liebesökonomie?

Egal ob in Freundschaften, in der Familie oder in Liebesbeziehungen: Kompromisse gehören zu jeder menschlichen Interaktion dazu. Höchste Zeit also, dass wir lernen sie zu schließen und unsere Grenzen und Bedürfnisse so zu kommunizieren, dass beide Seiten glücklich mit der Situation sind. Doch wie verhandeln wir eigentlich richtig und gibt es Unterschiede zwischen faulen und gesunden Kompromissen?

„Ja die gibt es!“ Meint zumindest Paartherapeutin Chin-Ying Feurich aus Köln. Sie arbeitet seit vielen Jahren mit verschiedenen Paaren und hilft diesen unter anderem auch Kompromisse zu finden. „Kompromisse sind eine feine Sache. Dennoch muss man sich fragen, was es überhaupt bedeutet einen Kompromiss zu schließen. Ein guter Kompromiss sieht ja so aus: Es gibt gegensätzliche Interessen und man versucht eine Lösung zu finden, mit der beide gut leben können.“

So weit, so gut. Aber bedeuten Kompromisse wirklich, dass man sich in der Mitte trifft? Und wie sieht diese Mitte überhaupt aus? Für Frau Feurich liegt genau hier das Problem. Denn viele von uns verstehen Kompromisse ihrer Meinung nach falsch. „Viele Paare glauben, dass es reicht, wenn man dem anderen mitteilt, dass man einfach so sei wie man ist und er oder sie eben Kompromisse eingehen müsse, wenn die Beziehung Bestand haben soll.“ Dass das nicht der richtige Weg sein kann, ist sicher vielen von uns bewusst. Und trotzdem hat sich bestimmt der eine oder die andere schon dabei erwischt, wie man in Diskussionen mit dem Partner das Totschlagargument schlechthin aus dem Ärmel zieht: „Was soll ich denn machen? So bin ich eben!“ Ganz so, als wäre der Mensch nicht in der Lage sich zu ändern. Als kämen wir als fertige Wesen auf die Welt.

Besonders interessant wird es immer dann, wenn es in Paarbeziehungen nicht nur darum geht, wer nun die Wäsche aufhängt oder wer den Müll rausbringt, sondern auch darum, wer auf was im Bett steht und wie Intimität gestaltet werden soll.

Gerade in Zeiten, in denen die Monogamie nicht mehr unbedingt die Norm darstellt und in der die Frage nach der Art der Beziehung genauso normal ist, wie die Frage nach der Geschlechtsidentität; ist es wenig verwunderlich, dass auch die Bandbreite an Kinks, Fetischen und Beziehungsmodellen zugenommen hat. Doch was tun, wenn mein Partner auf BDSM steht und ich mich ganz weit in der Vanilla-Ecke befinde oder wenn ich polyamor leben möchte, meine Partnerin aber auf Monogamie beharrt? Lassen sich da noch Kompromisse finden, oder ist diese Beziehung dem Untergang geweiht?

„Es kommt drauf an“, meint Feurich. „Zunächst einmal sollte man sich darüber bewusst sein, was man mit dem Kompromiss erreichen will. Möchte ich meine Beziehung erhalten oder möchte ich zum Glück in der Beziehung beitragen?“ Hier handelt es sich um zwei verschiedene Ansätze. Im Idealfall sollte man sich also gemeinsam hinsetzen und sich fragen: Was sind deine Bedürfnisse? Was brauche ich, um glücklich zu sein?