Kompromisse

Eine Idee Liebe: Faule Kompromisse

Was will ich denn?

Darüber hinaus haben viele Paare die Angewohnheit, den letzten Schritt vor dem ersten zu tun. Das heißt, sie fragen sich zunächst, was gut für die Beziehung ist und erst dann, was jeder Partner für sich möchte. Denn das ist häufig gar nicht so klar, wie es im ersten Moment scheinen mag. Was will ich für mein Leben? Wo liegen meine Grenzen? Wie viel Nähe brauche ich? Wie möchte ich Intimität erleben?

Nach reiflicher Überlegung kommt manch eine*r so vielleicht zu dem Ergebnis, dass er oder sie die eigenen Bedürfnisse in der aktuellen Partnerschaft gar nicht realisieren kann. Bleiben wir hierfür bei dem Beispiel der Monogamie:

Wenn ich gerne monogam leben möchte, mein Partner aber außer mir noch eine zweite Partnerin hat, können nicht beide Bedürfnisse gleichzeitig erfüllt werden.

An dieser Stelle muss man sich nun fragen, wie wichtig einem der eigene Standpunkt ist. Lässt sich hier ein Kompromiss finden, mit dem beide gut leben können (Der polygame Partner verspricht es bei dieser einen Freundin nebenher zu belassen) oder muss man sich eingestehen, dass es sich hier um eine Beziehung handelt, die zum Scheitern verurteilt ist? Auch die Feststellung, dass kein Kompromiss möglich ist, ist ein valides Ende einer Diskussion.

Natürlich gibt es auch Grauzonen. Vielleicht nicht bei so essentiellen Beispielen, wie dem soeben erwähnten, aber sicher bei weniger gravierenden Bedürfnissen. Denn man muss sich auch in romantischen Beziehungen nicht in jedem Punkt einig sein. Häufig reicht es auch, sich darauf zu verständigen, dass man eben unterschiedlicher Meinung ist. Um zu diesem Punkt zu gelangen, reicht oftmals bereits die Erkenntnis, dass mein*e Partner*in nicht alle meine Bedürfnisse erfüllen muss. Den neuen Spiderman-Film kann ich mir auch mit einem Kumpel anschauen und mein Interesse für Salsa teile ich vielleicht lieber mit der besten Freundin.

Das Schöne am Jahre 2022 ist schließlich, dass wir nicht mehr zwanghaft am Bild der Kleinfamilie mit den 2,5 Kindern festhalten müssen. Im Endeffekt ist es nur wichtig, dass es uns und denen die wir lieben gut geht. Das sieht auch Chin-Ying Feurich ähnlich: „Es ist ganz typisch, dass in bestimmten Lebensphasen Beziehungen entstehen. Das Paradebeispiel hierfür ist die Familiengründung. Das sind häufig Beziehungen, die weniger auf der sexuellen Anziehungskraft basieren, sondern viel mehr auf Werten wie Vertrauen und Zuverlässigkeit. Irgendwann stellen beide fest, dass das Liebespaar in diesem Modell nicht wirklich existiert. Und da möchte ich dann auch ermuntern, dies anzuerkennen. Es darf ein funktionierendes Parenting-Team gebildet und das Liebesglück mit jemand anderem gefunden werden. Ganz ohne schlechtes Gewissen.“

Und jetzt?

Wie immer gibt es auch bei Kompromissen keine Blaupause, an die man sich halten kann. Doch wenn man ehrlich zu sich selbst und seinem Partner ist, dann muss nicht jede Meinungsverschiedenheit und jede Abweichung im Lebensentwurf zu einer Grundsatzdiskussion und dem Ende der Beziehung führen. Es wird sich auf der Welt wohl keine Partnerschaft finden, die ganz ohne Kompromisse auskommt und das ist auch gut so, denn Anziehung und Leidenschaft beruhen eben auch auf Spannungen und charakterlichen Unterschieden. Nur eins ist klar: Den Frust herunterzuschlucken und zu allem Ja zu sagen, wird auf lange Sicht wohl keine Beziehung retten. Schweigen ist Silber, Reden ist Gold

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Foto von cottonbro von Pexels; CC0-Lizenz