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Raus aus der Freundschafts-Komfortzone! Ein Plädoyer für mehr Diversität im Freundeskreis

Fakt ist: Komfort macht glücklich. Es ist bequem, es ist einfach, es vermittelt uns Sicherheit. Wir gehen ja nicht umsonst immer in dieselbe Wohnung zurück, essen bekanntes Essen und schauen manchmal dieselbe Serie zum zehntausendsten Mal. Es ist ein Schema, in dass wir uns rückwärts fallen lassen können, weil wir in schnelllebigen Zeiten wie diesen einen gewissen Rückhalt brauchen.

Einen Rückhalt, den wir auch in unserem Freundeskreis wiederfinden. Wer sich in seinem eigenen Freundeskreis mal umschaut, stellt hin und wieder fest, dass sich darin oft dieselbe Typ Mensch befindet. Menschen, mit denen wir arbeiten, studieren oder zur Schule gegangen sind. Manchmal ist es nicht aber nicht unbedingt gut, in altbekannte Muster zurückzufallen.

 

Ähnlichkeit als entscheidender Faktor

 

Es heißt zwar, dass Gegensätze sich anziehen, aber letzten Endes suchen wir uns Freunde nach einem ähnlichen Schema aus. Wir verstehen uns besser mit Leuten, die unsere Werte und Interessen teilen, und am besten noch einen ähnlichen Lifestyle pflegen wie wir. Die Wissenschaftler Bahns, Crandall und Pickett haben in ihrer Studie herausgefunden, dass je größer die Auswahl an potenziellen Freunden ist, desto homogener sind die Freundeskreise, was Einstellungen und Verhaltensweisen betrifft. Das heißt je größer der „Pool“ ist, aus dem wir wählen können, desto eher entscheiden wir uns für Menschen, die uns ähneln. Wir suchen nach gemeinsamen Eigenschaften und halten uns daran fest, aber ist das auch wirklich so gut?

In einem multikulturellen Land wie Deutschland mit so vielen Menschen unterschiedlicher sozialer und ethnischer Herkunft sollte es doch eigentlich ganz gut funktionieren, einen diversen Freundeskreis aufzubauen (und auch zu behalten). Als Student ist es aber nochmal was anderes, da angehende Akademiker einen beträchtlichen Teil des Tages eben mit anderen Gleichgesinnten zu tun haben. Dazu kommt, dass alte Freundschaften sich durch eventuelle große räumliche Trennungen schwerer zu pflegen sind, als neue, die man dafür aber tagtäglich sieht.

 

Freunde der Filterblase

 

Es ist ähnlich wie mit einer „Filter Bubble„. Der Politologe Eli Pariser beschrieb mit diesem Begriff die Gefahr, dass wir im Internet und in sozialen Netzwerken tendenziell dasselbe lesen und angezeigt bekommen, da viele Internetseiten Algorithmen benutzen. Da wir dann natürlich immer nur ähnliche Sachen angezeigt bekommen, sehen und lesen wir Tag für Tag dasselbe, und geben dann auch nur das wieder. Und was sich im Internet mit ein paar Klicks beheben lässt, ist im Freundeskreis ein ordentliches Stück komplizierter, da wir nicht einfach unseren Freundeskreis rekonfigurieren können. Es fehlt im Alltag also oft an Konfrontation mit anderen sozialen Schichten, Nationalitäten und Bildungsgraden. Und oft maßen wir es uns an, Menschen nach ebendiesen Punkten zu kategorisieren. Durch diese Filterblasenfreundschaften sind wir oft nicht so empfänglich für die Probleme von Menschen außerhalb unserer unmittelbaren Umgebung.

 

Chance vs. Chancengleichheit

 

Abgesehen von den Grundvoraussetzungen, mit denen man auf die Welt kommt, wie Geschlecht oder Nationalität, spielt Chancengleichheit auch oft eine große Rolle. Dass Arbeiterkinder seltener studieren als Akademikerkinder haben inzwischen einige Studien gezeigt. So bieten sich allein durch den Bildungsgrad der Eltern schon weniger Chancen, aus der eigenen Blase rauszukommen. Ich persönlich bin wohl oder übel irgendwie in mein jetziges Studium geschlittert, aber als Arbeiterkind kann ich auch sagen, dass es verdammt viel Anstrengung gekostet hat, mir einen einigermaßen gleichmäßig verteilten Freundeskreis zu schaffen und zu bewahren. Denn dadurch, dass ich mir eine eigene Filterblase geschaffen habe, ist es mir auf Dauer immer schwieriger vorgekommen, Kontakt zu alten Freunden zu halten. Sei es aus Zeitmangel, Bequemlichkeit oder Zweifel, man fühlt sich oft etwas gefangen in der Mitte.

 

Same same but different?

 

Das klingt auf den ersten Blick erst mal ziemlich hart. Aber ich plädiere hier auch definitiv nicht dafür, den kompletten Freundeskreis aufzulösen, wenn er nur aus weißen Akademikern besteht. Es ist teilweise auch schwierig mit Menschen aus einem komplett anderen Umfeld befreundet zu sein. Und es ist auf jeden Fall schwierig, überhaupt neue Freunde zu finden. Manchmal gibt es eben Unterschiede, die sind unüberbrückbar, aber wir sind ja auch nicht mit allen Menschen der Welt befreundet. Bloß wenn man das nächste Mal die Gelegenheit hat, neue Leute kennenzulernen, schadet es bestimmt nicht, sich nicht sofort nach Ähnlichkeiten, sondern mal nach Unterschieden umzuschauen.

 

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Bildquelle: Unsplash unter CC0 Lizenz