stämme fotografie aussterben Adam Koziol

Dieser Fotograf macht aussterbende Naturvölker mit seinen Bildern unsterblich

In unserer globalisierten und scheinbar durchweg vernetzten Welt ist es kaum vorstellbar, dass es noch Menschen gibt, die jenseits jeglicher Zivilisation nach ihren eigenen Regeln und Bräuchen leben. Oft sprengt es den Rahmen unserer Imagination, wie solche Leute ohne Kontakte zur Außenwelt überhaupt zurechtkommen können. Und wie gestaltet sich eigentlich ein Leben nach uralten Traditionen und Riten?

Diese Fragen hat sich auch der polnische Fotograf Adam Koziol gestellt, der in verschiedenen Ländern nach indigenen Stämmen gesucht hat. Mit seinen atemberaubenden, atmosphärischen und von stolzen Kriegern zeugenden Fotografien liefert er Antworten und schafft mit ihnen Zeugnisse für die Ewigkeit. Denn viele dieser Stämme sterben unwiderbringlich aus. ZEITjUNG hatte die Möglichkeit, mit Adam Koziol über dieses unglaubliche Erlebnis zu reden.

ZEITjUNG: Wie bist du zur Fotografie gekommen?

Adam Koziol: Ich bin zur Fotografie gekommen, als ich mit 12 Jahren Fotos von tropischen Insekten gemacht habe. Als ich 16 war und eine ziemlich große Insektenkollektion angehäuft hatte, beschloss ich, mit einem Freund einen Trip nach Borneo zu machen, um seltene Insekten zu dokumentieren. Das war ein Meilenstein in meinem Leben, da ich meine Leidenschaft für das Reisen und das Entdecken erkannt habe. Es war eine wichtige Reise für mich und ein halbes Jahr später flog ich nach Sumatra, wo ich wiederum neue Insektenarten fand. Von da an begann ich, regelmäßig zu reisen, manchmal sogar sieben Mal im Jahr.

Was hast dich für dein Projekt inspiriert?

Mein häufigstes Reiseziel war Borneo und in dem Sarawak-Teil der Insel hörte ich oft von der Kultur der Iban-Kopfjäger. Dort gab es immer noch ältere Leute mit authentischen Stammestattoos auf den Schultern, die Bunga Terung genannt wurden. Nur Menschen, die außerordentlich mutig gewesen waren, an Kämpfen mit anderen Stämmen teilgenommen oder ihrem Stamm den Kopf eines Feindes gebracht hatten, trugen diese Tätowierungen. Zum ersten Mal änderte ich das Ziel meiner Reise und beschloss, die letzten tätowierten Mitglieder dieses Stammes zu suchen. Nach drei Wochen traf ich in einem Langhaus im Dschungel schließlich drei Männer im Alter von 70 bis 90 mit Tattoos auf dem ganzen Körper, die ich interviewte und fotografierte. Zu Hause analysierte ich die Situation der verbleibenden Stämme in der Welt und realisierte, dass die Bedingungen für die meisten Stämme gleich war. Oft waren sie die letzten Menschen ihrer Völkerschaft und ihre Stammesidentität wird durch Tattoos und Vernarbungen belegt. Sie sind es, die die Geschichte ihres Lebens, ihrer Kultur erzählen können, welche mit ihrem Tod ein Ende findet.

Gibt es eine spezielle Botschaft, die du vermitteln möchtest?

Ich präsentiere die authentische Geschichte von Menschen und überlasse sie der individuellen Betrachtung. Es gibt keine Botschaft, die ich mit diesem Projekt vermitteln möchte. Jede Person hat eine andere Geschichte und für mich ist das das Wichtigste in diesem Projekt. Ich konzentriere mich auch auf die Ästhetik. Ich suche die Stämme aus, die mich mit ihrer kulturellen Schönheit faszinieren und die ich präsentieren möchte. Ich möchte Bilder kreieren, die die Menschen für eine Weile ansehen und analysieren.

Wie denkst du darüber, dass diese Stämme bald Geschichte sein werden?

Das ist meine stärkste Motivation. Ich weiß, dass ich in fünf bis zehn Jahren gewisse Dinge nicht mehr werde tun können. Zum Beispiel habe ich es während meines letzten Trips nach Taiwan geschafft, die letzten beiden Atayal-Frauen zu treffen, die Gesichtstätowierungen haben. Die eine war 103, die andere 108 Jahre alt. Die jüngere Frau ist dieses Jahr gestorben. Es war eine große Ehre, als ihre Familie mich fragte, ob ich ihnen zur Beerdigung ein Foto von Iwanu schicken könnte. Ich spürte, dass die riesige, Jahrhunderte alte Atayal Tradition, einer der größten indigenen Stämme in Taiwan, während dieser kleinen Beerdigungszeremonie stirbt.

Welcher der Stämme hat den größten Eindruck auf dich hinterlassen?

Ich denke, das war der erste Stamm, von dem ich je Bilder gemacht habe. Der Iban-Stamm hat den größten Eindruck hinterlassen. Davon abgesehen war es ein tolles Abenteuer, von den Mentawai Menschen auf der Siberut Insel neben Sumatra umgeben zu sein. Es ist eine einzigartige scharmanische Kultur, gehüllt in Geheimnisse. Ich habe mich wunderbar gefühlt in dem Konyak-Stamm in Indien, die Kultur der ehemaligen Kopfjäger, die zum Christentum konvertierten und Liebe gewählt haben. Die Mursi und Himba-Stämme waren ästhetische Persönlichkeiten, aber es war schwer für mich, näheren Kontakt zu ihnen herzustellen und eine friedliche Konversation mich ihnen zu führen. Das Kostbarste für mich war, dass jeder Stamm unterschiedliche Emotionen und verschiedene Geschichten in Erinnerung ruft. Jeder Ort hat mich viele neue Dinge gelehrt.

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