#FragenNachZahlen mit Alle Farben: „Was ist angsteinflößend an dir?“

In Jogginghose und mit verschmitztem Lächeln empfängt mich Frans Zimmer, besser bekannt unter seinem Künstlername „Alle Farben“ und pflanzt sich gemütlich auf die Couch im Backstage-Bereich. In drei Stunden geht seine Show los – er befindet sich gerade auf Deutschland-Tour um sein neues Album „Sticker on my Suitcase“ zu feiern. „Solange ich noch was zu tun habe, bin ich nicht so nervös, aber in der letzten halben Stunde wird’s kritisch“, sagt Frans. „Da wird mir schlecht und ich muss dauernd aufs Klo.“ Wie dann die letzen Minuten vor Showbeginn aussehen und was neben der Kunst sein Herz höher schlagen lässt, verrät er ZEITjUNG im Interview.

ZEITjUNG: Was machst du gegen die Nervosität?
Alle Farben: Da kann ich eigentlich nicht viel dagegen machen. Es ist total anstrengend. Aber eigentlich auch schön.

Pusht es dich?
Ja absolut. In dem Moment, wenn das Intro anfängt, sitze ich bereits unter der Bühne, ganz alleine und ohne Ablenkung. Ich schaue dann nochmal nach links und rechts, da stehen Philipp mein Tourmanager und der Kameramann schon parat. Das ist ein krasser Moment. Aber auch sehr wertvoll. Ich könnte dir nicht einmal sagen, was ich denke, meine Gedanken sind nur noch im Nebel.

Kommt auf der Bühne dann die große Erleichterung?
Total. Da geht einfach die Party ab und ich denke nichts mehr. Da bin ich nicht mehr Frans sondern komplett Alle Farben.

Was hat dich denn zu dem Namen inspiriert?
Ich wollte mal Kunst studieren, ich war ein großer Hundertwasser-Fan. Ich hab mich deshalb erst „Hundert Farben“ genannt.

Dann wurde es „Alle Farben“?
Genau. Klangbildlich ist der Name viel schöner und hat irgendwann von der Symbolik auch besser gepasst, weil ich viele Facetten der Musik ausprobiert habe.

Was bedeutet der Name für dich?
Ich bin in einer Künstlerfamilie aufgewachsen und habe schon immer gemalt, viel mit Farben zu tun gehabt und viel Musik gemacht. Bei uns kam es nie in Frage, dass die Kunst kein Weg sein könnte. Es war nur die Frage, ob ich das möchte. Das schätze ich sehr an meinen Eltern, sie haben mir immer den Rücken freigehalten. Aber mit Hundertwasser hat der Name mittlerweile nicht mehr so viel zu tun.

Was hat dich damals an Hundertwasser fasziniert?
Ich mochte seine Kindlichkeit. Als Erwachsener kindlich zu malen ist extrem schwer.

Malst du selber immer noch?
Eher wenig. Aber früher habe ich gerne sehr großformatig gemalt, mit vielen Formen und Farben, mit Kontrasten und starken Linien. Da ich Kunst studieren wollte, probierte ich aber auch Aktzeichnungen. Ich wurde dann nicht genommen (lacht).

Hast du einen anderen Ausgleich zur Musik?
Kochen! Ich habe über drei Jahre als Konditor gearbeitet und konnte in der Küche enorm viel lernen und mir coole Küchen-Skills aneignen. Ich liebe es, neue Sachen auszuprobieren und kreativ zu sein.

Noch mehr als beim Malen?
Ja. Denn essen muss ich ja eh. Seit sieben Jahren mache ich meistens am Dienstag einen Kochabend, an dem ich meine Freunde und Familie bekoche.

Wie schön! Was kochst du am liebsten?
Asiatisch. Im Moment schwärme ich total für die japanische Küche. Aber die ist extrem schwer. Die wirkt immer so einfach, aber der japanische Perfektionismus kommt auch da zum Vorschein und macht alles viel komplizierter.

Kannst du es denn mittlerweile?
Nein, aber ich arbeite dran. Ramen-Suppen gehen langsam, aber Sushi ist echt ein Ding der Unmöglichkeit. Die großen Meister lernen das ja auch zwanzig Jahre lang. Aber der Perfektionismus passt schon ganz gut zu mir.

Bist du auch in der Musik perfektionistisch?
Sehr. Wenn ich keine Deadlines hätte, würde ich meine Songs kaputt produzieren. Manchmal habe ich vierzig Versionen und finde sie immer noch nicht gut. Auf meinem Computer finden sich gespeicherte Dateien mit den Namen „Demo 1“ bis „Demo 20“, dann kommt „Final 1“, „Final 2“ und am Ende „Final Final 1“ und so weiter. Erst in der Nacht vor Abgabe wird der Song fertig.

Ich glaube das kennen viele aus dem Studium. Hörst du deine Songs eigentlich in Farben?
Du meinst wie die Synästhetiker? Nein, ich würde mich eher als Farbästhetiker bezeichnen. Ich habe mich viel mit der Lehre der Farben auseinandergesetzt, wie sie psychologisch oder sozial betrachtet werden können, was sie mit den Menschen machen, welche Gefühle sie hervorrufen. Daher kann ich das ganz gut, Farben mit Tonarten und Gefühlen zusammenfügen.

Produzierst du deshalb lieber eigene Songs?
Das könnte ich nicht so festmachen. Remixen und selber Lieder schreiben sind sehr unterschiedliche Arbeiten. Wenn ich etwas selber mache, bin ich natürlich viel freier und kann meine eigenen Geschichten reinbringen. Zum Beispiel im Song „Little Hollywood“ geht es um meine Kindheit in Berlin-Kreuzberg, das war unser kleines Hollywood. Ich liebe es, so meine Erinnerungen weiterleben lassen zu können. Bei Aufträgen zum remixen bin ich mehr gebunden, aber es macht riesen Spaß einen eh schon coolen Song zu einem echten Partyknaller zu machen.

Einige Songs sind aber nicht nur Partyknaller sondern haben auch melancholische Texte?
Ja, das sind so Happy Sad Songs. Eine traurige Geschichte zu glücklicher Melodie.

Möchtest du denn die Menschen lieber zum tanzen oder zum nachdenken anregen?
Ich wurde mal gefragt, ob ich lieber vor Freude lachen, oder vor Schönheit weinen möchte und ich wählte das Lachen, obwohl das ja im Grunde die weniger starke Emotion ist. Aber ich bin so ein glücklicher Mensch. Deshalb auf jeden Fall tanzen!

Gibt es einen Song, den du unbedingt mal noch remixen möchtest?
Es gibt so viele Songs, die ich großartig finde und gerne remixen möchte, aber dann denke ich, die könnte ich ja gar nicht noch besser machen…

Denkst du denn, du machst sie immer besser?
Klar (lacht). Nein Spaß, aber es gibt schon Lieder, bei denen ich denke, die sind perfekt zum remixen, weil einfach noch etwas fehlt. Aber es gibt auch solche, die uns aufgetragen werden und schon perfekt sind. Was mache ich dann?

Eine Pause und was kochen?
Haha genau. Aber echt, das ist das was mich außerhalb der Musik am meisten glücklich macht. (Philipp der Tourmanager kommt rein, Frans fügt an:) Und Philipp! (lacht). Und natürlich meine Freunde, die ich bekoche.

Kommst du denn trotz Tour und Job dazu, sie zu sehen?
Ja, aber nur weil ich die besten Freunde der Welt habe und sie meist krasse Wege auf sich nehmen für mich. Aber war bestimmt auch eine gute Strategie von mir ist, zu sagen, ich koche.

 

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Bildquelle: Marco Justus Schöler