In jedem Gespräch gibt es sie: "Äähm". Foto: Pexels

Das „Ähm“ – eine missverstandene Superkraft

Endgegner Nomen

„Sprechen ist etwas hoch Komplexes“, sagt Balthasar Bickel, Linguist an der Universität Zürich, auf der Website des SRF. „Innerhalb kürzester Zeit laufen wahnsinnig viele Dinge ab.“ Nach nur 200-600 Millisekunden versucht unser Gehirn das Gehörte zu interpretieren. Das lässt sich auch gut daran erkennen, dass wir (teilweise unterbewusst) versuchen, einen Satz vor seinem Ende zu vervollständigen. Nach 600 Millisekunden sind der Mund und die Zunge bereit für eine Antwort. „Es herrscht ein unglaublicher Zeitdruck in diversen Hirnarealen“, so Bickel. Genau aus diesem Grund sei es durchaus sinnvoll, dass Füllwörter dem Hirn eine kleine Entspannungspause geben – vor allem bei Nomen, wie Bickel in einer Studie herausgefunden hat. „Die Planung eines Nomens dauert ein paar Millisekunden länger.“ Das hängt damit zusammen, da Nomen meistens neue Informationen in eine Unterhaltung einführen, die bisher noch nicht erwähnt wurden. 

„Ähs“ und „Ähms“ sind also bei Weitem nicht nur unliebsame Begleiter, die um jeden Preis verhindert werden sollten. Dementsprechend sind auch nur die wenigsten Menschen therapiebedürftig. Um herauszufinden, ob man selbst dennoch zu viele dieser Füllwörter benutzt, gibt es eine recht effektive Methode. Grundsätzlich können Zuhörer*innen am besten einschätzen, ob jemand zu viele „Ähs“ in seine Sätze einbaut. Doch nicht immer ist es einfach, eine ehrliche Antwort aus dem eigenen Umfeld herauszubekommen. Deswegen kann es helfen, sich selbst ab und zu beim Sprechen aufzunehmen und darauf zu achten, ob es bestimmte Situationen gibt, in denen man besonders anfällig dafür ist. Mit diesen Erkenntnissen kann man sich gezielter „Ähs“ und „Ähms“ abgewöhnen. Dabei sollte aber nie vergessen werden: Die ein oder andere Unsicherheit wird meistens vom Redner/der Rednerin selbst als unangenehmer empfunden als von den Zuhörer*innen. Manchmal macht das doch sogar einen ganz sympathischen Eindruck.

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Bildquelle: Andrea Piacquadio von Pexels; CC0-Lizenz