Fütterer is(s)t anders: Vegane Ernährung – ein Luxusproblem?
Elina Fütterer ist Ökotrophologin, Yoga-Lehrerin und Surfer Girl. In ihrer Kolumne schreibt sie über die wichtigste Hauptsache der Welt: Essen. Genuss ist ein Muss – ohne dabei Gesundheit, Nachhaltigkeit und Ethik außer Acht zu lassen. Elina nimmt euch mit auf ihre kulinarische Reise.
Ich werde nie vergessen, welchen Spruch mein Kommilitone rausgehauen hat, nachdem ich in der Pause vor der Statistik-Vorlesung das großzügige Angebot abgelehnt hatte, von seiner 50-Cent-Leberkäs-Semmel abzubeißen. „Ihr Veganer habt doch echt ein Luxusproblem. Kinder in Afrika wären froh, wenn sie überhaupt etwas zu essen hätten.“ Boooom. Nun war ich nicht mehr länger die anstrengende Nörglerin, die immer eine Extra-„Wurst“ brauchte. Ich war zur egoistischen, herzlosen Veganerin aufgestiegen, wegen der Kinder in Afrika hungern müssen.
Dass vegane Ernährung ein First-World-Problem sei, stieß mir seitdem öfter entgegen. Wer lieber Seitan-Schnitzel statt Leberkäs isst, der muss schließlich etwas abgehoben sein. Für wen Goji-Beeren und überteuerte Käseschmelzvarianten erschwinglich sind, muss entweder schon geerbt haben oder aber einfach den Schuss nicht gehört haben. Im schlimmsten Fall beides zusammen. Und ist es nicht auch ganz schön elitär, seine Vegan-Ego-Nummer durchzuziehen, wenn in anderen Teilen der Welt Menschen an Hunger leiden?
Leben im Schlaraffenland
Krieg, Hunger, Korruption: In vielen Regionen dieser Welt größere Probleme, als sich über seine Ernährungsweise einen Kopf zu machen. Wir allerdings befinden uns in der privilegierten Situation, dass wir uns aussuchen können, was wir essen wollen. Nahrung ist für uns immer und überall zugänglich, sodass wir richtigen Hunger gar nicht kennen. Grummelt der Magen, reicht der Gang zum Kühlschrank. Keine Lust zu kochen? Einen Anruf oder Mausklick entfernt wartet ein ganzes Universum an Leckereien auf uns. Da kann man sich schnell schon mal überfordert fühlen, zwischen Falafel, Pizza oder Pad Thai auszuwählen. Auch Lebensmittel gibt es so viele, dass Supermärkte tonnenweise Gemüse und Co. wegschmeißen müssen, weil sie nicht mehr gut sind. Im besten Fall. Ansonsten müssen krumme Gurken und angedätschte Äpfel dran glauben, da sie nicht unseren Schönheitsvorstellungen entsprechen und im Laden liegen gelassen werden. Wenn im Supermarkt des Vertrauens dann allerdings mal die Avocados aus Mexiko oder Blaubeeren aus Peru vergriffen sind, kann das bei uns für schlechte Laune sorgen. Uns geht es so gut, dass sogar König Ludwig XIV. vor Neid erblasst wäre.