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#i’llridewithyou: Gute Muslime, böse Muslime

Von Melanie Wolfmeier

Das Drama in Sydney ist vorbei. Zwei unschuldige Menschen erschossen, der Geiselnehmer ebenfalls tot. Was davon übrig bleibt: Trauer, Angst – und die Frage, was da eigentlich passiert ist.

Schon seit Wochen gibt es in Australien Meldungen über Angriffe – und zwar nicht auf die „kultivierten“ Menschen des Kontinents, sondern auf muslimische Mitbürger. Ausgeführt von den „kultivierten“ Menschen. Spuckattacken, heruntergerissene Kopftücher und die Aufforderung, gefälligst dahin zurück zu kehren, wo sie hergekommen sind. Dass die Mehrzahl dieser Opfer in Australien geboren wurde, wird von den Angreifern dezent übergangen. Die Islamophobie kommt aber nicht von irgendwo her. Geschürt wird sie fleißig von Richard Murdochs Imperium, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.

 

Aufkeimender Fremdenhass

 

Die Gefahr von Terroranschlägen – die Zeitung Daily Telegraph weiß darüber Bescheid. Sie befindet sich im Besitz des Medienmoguls Richard Murdoch, der 80 Prozent des Medienmarktes in Australien kontrolliert. Die Zeitung durfte bei Verhaftungen von Muslimen, die angeblich terroristische Anschläge in ihren Häusern ausgebrütet haben, live dabei sein. 15 Gefangennahmen, keine Beweise. Spekulationen des Blattes über eine angeblich geplante Enthauptung stellten sich zwar als lächerlich heraus, hinterließen aber eine Angespanntheit in der Bevölkerung, die in eine ungute Richtung läuft.

Die jüngst eingeführten Anti-Terror-Gesetze dürften wohl ihr Übriges tun: Seit Oktober ist es australischen Geheimdiensten erlaubt, sämtliche Computer zu überwachen. Seit November muss man sich erklären, wenn man in terroristisch geprägte Länder reisen will. Erst recht, wenn man danach nach Australien zurückkehren möchte. Angstschürerei von öffentlicher Seite her kann nicht die Lösung sein – in dem Fall müssen wir gar nicht über den Ozean nach Australien schauen. Der wütende Mob, der unter dem Namen PEGIDA durch Dresdens Straßen zieht und sich an seinen verqueren Argumenten gegen den Islam aufgeilt, reicht eigentlich schon als Gegenargument für unbegründete Hassschleudereien.

 

Solidarität über Twitter

 

Als eine junge Muslima neben Rachael Jacobs im Zug ihr Kopftuch abnahm und aus Angst vor Angriffen zu weinen anfing, bot sie dem Mädchen an, sie zu begleiten. Die Australierin rief die Aktion #i’llridewithyou ins Leben. Ihr Aufruf, muslimischen Mitbürgern Schutz anzubieten, hatte schnell tausende Unterstützer. Mit der Twitteraktion zeigen Australier ihre Solidarität und dass sich bei weitem nicht alle von dem Fremdenhass erfassen lassen, der von den Medien und der Politik geschürt wird. Ein User begründet seine pazifistische Einstellung folgendermaßen: „#illridewithyou because *every* race, belief and culture has some foolish people, but more who are honest, smart and caring.“ Stimmt. Parolenblökende Schafe haben wir alle. Zeit, uns auch in Deutschland gegen den Fremdenhass offen auszusprechen.