Schönheitsoperationen werden immer populärer

Generation Instagram: Wer ist die Schönste im ganzen Land?

Der eigene Körper steht im Mittelpunkt, die Optik an erster Stelle. Die Folge davon: Schönheitsoperationen werden immer populärer.

Stell dir vor: du könntest alles an dir verändern, was dich stört. Da eine Falte weg, da fülligere Lippen, hier mehr Brust. Würdest du es tun? Das sollst du gar nicht, predigen zumindest die ganzen Influencer*innen. Denn du sollst deinen Körper lieben, wie er ist. Vermeintliche Makel zeichnen dich aus und machen dich zu dem, was du bist. Sie stehen für mehr Selbstliebe und Akzeptanz des eigenen Körpers. Nur sagt sich das leicht, wenn man sein eigenes Gesicht mit drei Filtern verändert hat, dem vorherrschenden Schönheitsideal entspricht oder sich sogar unters Messer gelegt hat.

Die Folge: die Nachfrage nach Schönheitsoperationen ist durch Instagram enorm gestiegen. Das zeigen Daten der Deutschen Gesell­schaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC). Mit 86,8 Prozent verzeichnet die jähr­liche DGÄPC-Statistik 2019 einen neuen Höchstwert. Im weltweiten Vergleich liegt Deutschland auf Platz sieben. 2019 gab es in Deutschland 336.000 Schönheitsoperationen. Auf Brasilien (1.494.000) und die USA (1.352.000) entfallen fast ein Drittel aller weltweit vorgenommenen plastisch-chirurgischen Eingriffe. Die beliebtesten Schönheitsoperationen weltweit sind Fettabsaugung, Brustvergrößerung und die Lidstraffung.

Immer populärer wird jedoch auch das sogenannte „Instagram-Face“. Das makellose Gesicht bestimmt derzeit unser Schönheitsideal: herzförmige Lippen, hohe Wangenknochen, weiße Zähne, katzenartige Augen – umrahmt von geschwungenen Wimpern. Und jeder kann zu diesem Gesicht kommen: es braucht nur einen Filter und Blick ins Handy. Irgendwann reicht das aber nicht mehr, viele können sich ohne Filter nicht mehr im Spiegel ansehen. „Früher brachten mir meine Patienten Fotos von Schauspielerinnen und Schauspielern, heute zeigen sie mir gemorphte Selfies auf dem Smartphone“, sagt Alexander Hilpert, Facharzt für ästhetische und plastische Chirurgie gegenüber der Zeit.

Das zeigen auch die Daten der DGÄPC. 2,3 Prozent der befragten Patientinnen gaben an, sie seien durch soziale Medien auf die Idee der Schönheitsoperation gekommen. 14% wurden durch Selfies dazu motiviert. Jede Zehnte konsultierte bei der Informationssuche zu ästhetisch-plastischen Behandlungen Instagram & Co.

Schönheitsideale hat es schon immer gegeben. Die verändern sich ständig. Während es in den 50er Jahren schön war, kurvig zu sein, wollten in den 60er Jahren alle sehr dünn und jungenhaft sein. In den 2000er Jahren lagen große Brüste voll im Trend, die dann in den 2010er-Jahren von einem großen Po abgelöst wurden. Aber eines bleibt immer gleich: Die gesellschaftlichen Schönheitsideale setzen die Menschen unter Druck.

Instagram verstärkt diesen Druck. Jeder beschäftigt sich mit seinem Aussehen, sieht ständig Porträts von anderen und beginnt sich zu vergleichen. Aber auch die Corona-Pandemie ist für die steigenden Zahlen von Schönheitsoperationen mitverantwortlich. Prof. Dr. med. Dennis von Heimburg, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie, bestätigt: „Das Interesse hat – nach einer anfänglichen Zurückhaltung während des ersten Lockdowns – stark zugenommen. Die Patientinnen und Patienten haben versucht, die Zeit zu nutzen, um das eine oder andere an ihren Körpern korrigieren zu lassen.“ Er vermutet, dass der Boom von Schönheitsoperationen auch auf die ganzen Videokonferenzen zurückzuführen ist. Im Homeoffice wurde man so verstärkt mit dem eigenen Selbstbild konfrontiert.

Das kann ungesund werden. Denn es gibt auch Menschen, deren Psyche und Selbstwert maßgeblich durch einen vermeintlichen Makel an ihrem Körper beeinträchtigt wird. Der Blick in den Spiegel kann zum Kampf werden. Influencerin Louisa Dellert schreibt in ihrem Blog, dass sie die Ängste und Zweifel der Menschen verstehen kann. „Jeder Mensch muss mit seinen Emotionen und Gefühlen so umgehen, dass er am Ende des Tages glücklich ins Bett gehen kann.“ Ihrer Meinung nach kann die Entscheidung für eine OP auch Ausdruck von Selbstliebe sein. Nicht jede Schönheitsoperation ist Ausdruck von Oberflächlichkeit oder krankem Perfektionismus. Das gilt es zu unterscheiden.

Ein Schritt in die richtige Richtung ist die Body-Positivity-Bewegung auf Instagram. Egal, ob Speckrollen, Hängebusen oder behaarte Beine: Die Frauen zeigen, wie sie wirklich aussehen. Diese Dinge sollten nicht mehr als Makel angesehen werden, sondern als völlig normal. Körper sind keine Kunstprodukte, sondern sorgen für unser Überleben. Das wird oft vergessen. Mittlerweile finden sich mehr als 6,6 Millionen Fotos unter dem Hashtag #BodyPositivity.

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Foto von Gustavo Fring von Pexels