Drei Frauen tanzen auf einem Feld

Hippies, Ökos, Esoteriker: Warum glauben intelligente Freigeister an Verschwörungstheorien?

Es gibt zwei Arten von Menschen, die sich an Corona-Demos beteiligen: Zum einen die frustrierten Rechten, bei denen ohnehin Hopfen und Malz verloren zu sein scheint. Und zum anderen die Hippies, die fröhlich bunte Flaggen durch die Luft wirbeln, während sie sich einen Joint anzünden. Was veranlasst so friedliche und oft sehr intelligente Gemüter dazu, an Verschwörungstheorien zu glauben?

Sie wandeln in jedem Freundes- und Bekanntenkreis: diese Menschen, die eigentlich sehr intelligent sind und dennoch fest daran glauben, dass insbesondere die Covid-19-Impfung den sicheren Tod mit sich bringe.

Sie sind naturverbunden, ernähren sich vegan, machen Yoga. Sie sind spirituelle Wesen, glauben an Sternzeichen, waren früher an der Waldorfschule, wo sie gelernt haben, als selbstständige, „wache“ Individuen durchs Leben zu gehen.

Sie lesen Brave New World und 1984. Folglich sind sie so scharfsinnig und aufmerksam, dass sie dem anstrengenden Schreibstil Orwells problemlos folgen können. Sie rauchen Gras, achten auf sich und andere, wollen eigentlich nur Liebe und Frieden für alle.

Sie sind Hippies, Ökos, Esoteriker*innen. Und: Sie sind Verschwörungstheorien nicht abgeneigt. Sie glauben nicht an die Schulmedizin und nicht daran, dass Impfungen schweren Krankheitsverläufen vorbeugen. Stattdessen sind sie der Überzeugung, dass weltweite virtuelle Meditationen zur Eindämmung einer Pandemie beitragen.

Sie sind der „andere“, der „bessere“ Teil der Corona-Demos. Nicht die Nazis, sondern nur die, die Seite an Seite mit den Nazis laufen. Die einen tragen T-Shirts in Reggae-Farben, die anderen schwenken Reichsfahnen.

Gefühlt besteht die Gruppe der Impfgegner*innen nur aus diesen beiden Fraktionen. Einerseits sind da die politisch rechtsorientierten Menschen, die sich schlicht und einfach gegen alles stellen wollen, was Bürger*innen von Politik und Wissenschaft ans Herz gelegt wird, und andererseits sind da eben sie: die Spirituellen.

Natürlich gibt es inmitten dieser zwei Gruppierungen noch andere Menschen, die sich nicht impfen lassen möchten. Zum Beispiel diejenigen, die politisch am äußersten linken Rand zu verorten sind und die Covid-19-Impfung ablehnen, weil sie den Zugang zu Impfstoff für ein Klassenprivileg halten. Tatsächlich steht auch der Glaube an Verschwörungstheorien heutzutage im Zusammenhang mit Menschen, die sich politisch entweder ganz links oder ganz rechts positionieren, während er in früheren Generationen quasi zum guten Ton der Mitte gehörte (Quelle: SWR).

Aber zurück zu den Spirituellen. Was sie antreibt, ist nicht unbedingt der Glaube an Klassenprivilegien, sondern der Glaube an persönliche Freiheit als höchstes Gut, die Skepsis gegenüber politischen Eliten und damit einhergehend die Angst vor einer Impfung. Das Problem daran ist, dass Angst nicht rational ist. Das sind Gefühle nie. Man kann noch so viel argumentieren, dass die Risiken einer Infektion viel größer sind als das Risiko einer gravierenden Impfnebenwirkung. Wenn jemand das nur hört, aber nicht fühlt, kann man mit dieser Argumentation nicht viel ausrichten.