Links- und rechtsextrem sind gleich schlimm? Bild: Pexels

„Links und rechts sind gleich schlimm!“ – Wie du Onkel Ralf vom Gegenteil überzeugst

Wer kennt es nicht: Man sitzt auf einer Familienfeier und Papa Achim wettert laut gegen die Grünen, woraufhin Onkel Ralf freudestrahlend einsteigt und sich als nächstes die Linken vorknöpft. Schneller als man „Rot-Rot-Grün“ sagen kann, entsteht eine zweistimmige Hasstirade gegen die politische Linke – und die Gleichsetzung von Links und Rechts lässt nicht lange auf sich warten.  

Restlos überzeugt davon, dass das Standard-Argument à la „Die Linken sind auch nicht besser!“ in jeder politischen Diskussion absolut unschlagbar ist, öffnen Papa Achim und Onkel Ralf grölend das nächste Bier und prosten sich amüsiert zu (Quelle für diese äußerst innovativen Namen: Alman Memes auf Instagram).  

Nun ist es zugegebenermaßen schwer, als Person, die selbst links eingestellt ist, unvoreingenommen zu argumentieren, warum Links und Rechts nicht gleichzusetzen sind. Denn es liegt natürlich auf der Hand, dass politisch linke Menschen linken Aktivismus nicht nur weniger schlimm finden als rechten, sondern ihn sogar begrüßen.

Hier ergibt sich schon das erste Problem: In der Allgemeinheit scheint das Klischee zu existieren, dass politische Standpunkte nur seriös sein können, wenn sie aus der Mitte vorgetragen werden. Denn die Mitte gilt als das Gemäßigte, das Vernünftige, das Bürgerliche. Alle, die nicht zur Mitte gehören, gelten insgeheim automatisch als Spinner*innen, die einer Ideologie verfallen sind. Dass aber auch die Mitte von einer Ideologie geprägt ist, wird dabei häufig vergessen.

Dieser Artikel ist also ein Versuch aus linker Perspektive, die Papa Achims und Onkel Ralfs dieser Welt von dem naiven Glauben abzubringen, Links und Rechts könnten legitimerweise gleichgesetzt werden. Um das Übel an der Wurzel zu packen, muss zuallererst eine Antwort auf die Frage gefunden werden, woher diese Überzeugung überhaupt stammt.  

Der Hauptgrund, der Menschen zu diesem Argument treibt, ist wohl die Wahrnehmung, dass sowohl Linke als auch Rechte gegen unser System sind. Was extremistische Strömungen angeht, stimmt das auch in beiden Fällen. Und tatsächlich gibt es bei links- und rechtsextremistischen Positionen auch inhaltliche Schnittmengen – und zwar die beidseitige Kapitalismus- und Globalisierungskritik.

Es ist also nicht ganz falsch, dass Linke und Rechte zumindest in ihren äußersten Ausprägungen auch Gemeinsamkeiten aufweisen – wenn diese ihren Ursprung auch in völlig unterschiedlichen Grundüberzeugungen haben.   

Dass Äußerungen wie „Die Linken sind genauso schlimm!“ von Rechtspopulist*innen getroffen werden, ist natürlich logisch. Sie sind damit aber keineswegs allein. Denn wie gesagt tönt es ganz ähnlich auch allzu oft aus der selbsternannten Mitte der Gesellschaft.

Parteien am linken und rechten Rand: Sind Linke und AfD gleich gefährlich?

„Wir werden mit allen demokratischen Parteien reden. Keine Gespräche mit der AfD, keine Gespräche mit der Linkspartei.“ Mit dieser prominenten Äußerung gießt beispielsweise die Volkspartei CDU – wenn man eine Partei, die bei der letzten Bundestagswahl nur ein Viertel der Stimmen geholt hat, überhaupt noch so nennen kann – nach jeder Wahl Öl in das Feuer (oder in das brennende Auto, wie man in linksextremen Kreisen scherzen würde).

Dadurch wird nicht nur die Gefahr gleichgesetzt, die von Linkspartei einerseits und AfD andererseits ausgeht, sondern es wird darüber hinaus behauptet, dass es sich bei der Linken nicht um eine demokratische Partei handle.

Ein klassisches Beispiel boten auch die Wochen vor der Wahl: Da wird das rot-rot-grüne Schreckgespenst an die Wand gemalt und von Extremismus gesprochen, wenn die Möglichkeit einer Koalition aus SPD, Grünen und Linken besteht – weil die Linke schließlich eine linksextreme Partei sei.

Dass es einen Unterschied zwischen Extremismus und Radikalismus gibt, scheint den Damen und Herren aus der Mitte nicht bewusst zu sein. Vereinfacht gesagt verstößt Extremismus gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und strebt eine Systemüberwindung an, während radikale Positionen zwar an den Rändern der Verfassungsordnung zu verorten sind, sich aber noch in deren Rahmen befinden und „nur“ eine Systemveränderung zum Ziel haben (Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung). Selbst wenn man die Linke also als radikale Partei bezeichnen will: Von Extremismus kann keine Rede sein.