Frau, Megafon

Liebe Gesellschaft, nehmt uns junge Menschen endlich ernst!

Jungsein ist schon was Tolles. Keine Sorgen, keine Verantwortungen, keine Probleme. Denkste! Spätestens nach dem obligatorischen Reisen und sich selber finden nach dem Studium kommt der Ernst des Lebens mit quietschenden Reifen vor unserer 5-er Studenten-WG zum Stehen.

Die Arbeitssuche. Es führt kein Weg daran vorbei, egal in welcher jobfluiden Situation wir uns befinden. Wer jung und nicht unbedingt ein Kardashian-Sprössling ist, muss eben arbeiten. Dass es der Jobmarkt und Arbeitgeber uns bei der Suche nicht gerade einfach machen, ist klar. Wo wäre sonst der Spaß, wenn alles so easy wäre? Während aber große Reden geschwungen werden für mehr Diversität und weniger Ausgrenzung hinsichtlich Aussehen, Geschlecht oder Ethnie, kommt es immer öfter vor, dass vorschnell Schlüsse aufgrund jemandes Alter gezogen werden. Das ist vor allem deswegen wichtig, weil Altersdiskriminierung in alle Richtungen laufen und jeden treffen kann. Besonders aber sind die Grenzgebiete der Workforce betroffen, nämlich die Ältesten und die Jüngsten.

Junge Menschen sind hübsch anzusehen, aber kaum kompetent

Das ist also nicht nur das weinerliche Mimimi einer Generation, die sich nicht mehr anstrengen kann: inzwischen haben Studien bewiesen, dass immer mehr Menschen sich aufgrund ihres Alters diskriminiert fühlen – sowohl jung als auch alt. Während ältere Menschen noch in sehr vielen anderen Lebenslagen diskriminiert werden, läuft es bei Jüngeren meistens auf den Aspekt der Arbeit hinaus. Weltweit ist es fast jeder vierte zwischen 18 und 24 Jahren, der das Alter als Karrierehindernis sieht. Wir sind faul, verwöhnt und egozentrisch, wir tun zu wenig und wollen zu viel. Die Generation vor uns musste so hart arbeiten, um uns den Weg zu ebnen, damit wir uns bequem auf einer mit Samt umhüllten Karriereleiter hochbugsieren können.

Und jetzt müssen wir mit genau dieser Generation, den Babyboomern, an einem Tisch sitzen und sie davon überzeugen, dass die Zeiten sich geändert haben, und eben nicht nur Menschen Ü50+ Anrecht auf eine Beförderung haben. Wie sehr die Gesellschaft auf junge Menschen herabschaut, wird besonders in der Politik deutlich. Ein Portrait von Kevin Kühnert von der JuSo wird dick und fett mit „Kevin ganz groß“ betitelt, und Sebastian Kurz, Österreichs Bundeskanzler und Sympathieträger schlechthin, durfte sich über den Namen „Superwuzzi“ freuen. Über die Politik der beiden kann man sagen was man will, Seriosität gibt man ihnen mit den Namen nicht.

Warum fällt es euch so schwer, uns ernst zu nehmen?

Nicht nur in die Arbeitswelt, auch in den Alltag findet Altersdiskriminierung ihren Weg. U25-„Kinder“ müssen sich von älteren Freunden und Bekannten oft Sprüche anhören, wie „Das kannst du gar nicht wissen.“ oder „Da mangelt es dir wahrscheinlich an Erfahrung.“ Wer keinen alternativen Bildungsweg eingeschlagen und nach dem Abitur ein Jahr Pause gemacht hat, um sich selbst zu finden (und insgeheim doch daran zu scheitern), gilt als grün hinter den Ohren, unreif und nicht in der Lage, Verantwortung über sein Leben zu übernehmen. Dass junge Menschen aber genauso gut Lebenserfahrung und Kompetenz zeigen können, wird kleingeredet und unter den Teppich gekehrt. Und selbst wenn: wie sollen wir uns überhaupt beweisen und weiterentwickeln, wenn sich jeder weigert, uns eine Chance zu geben?

Letzten Endes ist es ein ewiges Hin und Her zwischen zwei verschiedenen Generationen, die aufgrund verschiedener Werte aufeinander crashen. Denn jede Generation ist unterschiedlich geprägt, und während die Babyboomer von den Nachwirkungen der Kriege beeinflusst wurden, sind wir zwar in weniger lebensgefährlichere, aber genauso instabile Zeiten geboren worden. Digitalisierung, Globalisierung, Klimawandel und Bankenkrisen sind nur ein Bruchteil von den Problemen, in die wir geworfen wurden und uns entweder direkt oder indirekt betreffen. Durch das Nichtwissen und Ignorieren der Probleme von Millennials und Co. werden dieselben Probleme von Generation zu Generation weiter getragen.

Eine veränderte Medienpräsenz

Ist es der Neid? Ist es die Angst, dass wir euch euren Arbeitsplatz wegnehmen und verdrängen? Denn letzten Endes fällt die Debatte der Altersdiskriminierung immer auf den Aspekt der technologischen Weiterentwicklung zurück. Wir wurden nun mal in dieses Zeitalter geboren, und die, die nach 2000 geboren sind, wissen wahrscheinlich nicht mehr, wie es ist, ohne Handy aufzuwachsen. Ist das aber ein Grund den Menschen genau danach zu beurteilen? Es herrscht ein extremes Kommunikationsproblem zwischen den Generationen. Wir wollen keine Schwächen offenbaren und zugeben, dass wir Erfahrung brauchen, wenn wir sie manchmal eben einfach nicht haben, und die Generation vor uns ist zu stolz, zuzugeben, dass sie Hilfe braucht bei neuen technologischen Entwicklungen. Es ist ein Teufelskreis, bei dem wir am Ende alle quengelnd am Boden sitzen – also kontraproduktiv für jeden Beteiligten.

Vielleicht ist es auch einfach die Tatsache, dass in einer alternden Gesellschaft junge Menschen nicht mehr so präsent sind wie früher, und sich im politischen Engagement nicht mehr so oft an Parteien binden lassen wollen. Dieser mediale Whiplash, wenn ein vergleichsweise junger Mensch plötzlich medienwirksam seine Meinung austrägt, führt vielleicht erstmal zu einer Abwehrhaltung. Dabei wollen wir niemandem seine Arbeit oder Meinung strittig machen, sondern einfach nur ab und zu mal ernst genommen und angehört werden.

Neugier macht den Meister

Bei der ganzen Mimoserei: was kann denn nun getan werden? Wir lamentieren, dass unser Leben schlecht und benachteiligt ist, dabei gibt es doch Lösungen. Dummerweise (oder tollerweise?) erfordern die nur mehrere helfende Hände, nämlich aus beiden Generationen. Vorerst sollten wir uns nicht mehr unter Wert verkaufen und alles hinnehmen, wie es ist. Sei es Gehalt, Arbeit oder Respekt: es wird Zeit, dass wir verlangen, was uns zusteht und uns auch mal herausfordern.

Also raus aus der Bequemlichkeit der Komfortzone, und etwas erwidern, wenn mal wieder ein höhnischer Kommentar aus den oberen Riegen kommt. Und wenn es nun mal vorkommt, dass wir etwas nicht wissen: Fragen hat noch niemanden geschadet! Wenn wir schon als Kinder bezeichnet werden, müssen wir manchmal eben auch an die Hand genommen werden. Lernen und wachsen wollen hat nichts mit fehlendem Stolz zu tun, sondern ist eben ein Sammeln an Lebenserfahrung. Denn: Ehre, wem Ehre gebührt. Wir können keine Anerkennung verlangen, wenn wir kritikunfähig durch die Gegend laufen und es uns an Kompetenz oder Motivation mangelt. Das gilt sowohl uns, als auch für die, die schon ein paar Jahre mehr auf dem Buckel haben.

Jeder ist oder war im Leben einmal jung, und vielleicht landen wir – jetzt noch Jungen – auch mal in der Position, dass wir jemanden aufgrund des Alters belächeln. Aber dann können wir uns von der jetzigen Alterspauschalisierung abgrenzen, und eins tun, das die Generation vor uns eben nicht geschafft hat: es besser machen.

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Bildquelle: Unsplash unter CC0 Lizenz