„Gestrandet“ in Mexiko: ein Reisetagebuch
Die Reihe „Gestrandet“ widmet sich einer Welt irgendwo zwischen Karibik und Pazifik, die reich ist an Passion und Sabor; reich an Piña und Granadilla. „Gestrandet“ ist eine Liebeserklärung an das Orange-Rot-Rosa-Lila des Sonnenaufgangs und des Sonnenuntergangs am Meer, und an all die Tage, die zwischendurch ins Land ziehen.
In dieser Ausgabe von „Gestrandet“ dreht sich alles um Mexiko. Ein Land der Spiritualität, der verrückten Stories und natürlich des Essens. Trotz all dem bin ich mit Mexiko nicht so richtig warm geworden. Warum? Das lest ihr im Artikel.
Ich will ehrlich sein: Als ich in Mexiko City angekommen bin, habe ich Kolumbien noch hinterhergetrauert. Ich habe einfach geahnt, dass Mexiko nicht mit meinen Erlebnissen in Kolumbien mithalten können würde. Und: Ich habe mich verloren gefühlt. Die Hauptstadt kam mir riesig vor – und ich darin so klein. Das Gefühl, irgendwie fehl am Platz zu sein, ist während meiner gesamten Zeit im Land nur an einem einzigen Ort so richtig verschwunden. Aber dazu später mehr. Kommen wir erst einmal zu den Dingen, die mich in Mexiko beeindruckt haben – denn davon gibt es dennoch eine Menge.
Spiritualität und Kunst
Mexiko ist definitiv ein Land der Spiritualität. Denn das heutige Staatsgebiet von Mexiko umfasst zum einen das frühere Reich der Maya und zum anderen das frühere Reich der Azteken. Dementsprechend gibt es in vielen Orten, die man als Tourist so besucht. Alte Ruinen – meist wahrscheinlich Maya-Ruinen, da man sich als Tourist wohl eher im Süden Mexikos herumtreibt. Die bekannteste alte Maya-Stätte nennt sich Chichén-Itzá und ist eines der Weltwunder der Moderne. Nicht weniger beeindruckend ist allerdings die alte Azteken-Stadt Teotihuacán. Wobei der Begriff „Azteken-Stadt“ streng genommen nicht ganz richtig ist, denn die Azteken haben die Stadt bereits bei ihrer Ankunft vor Ort so vorgefunden. Erbaut wurde sie also von einem anderen Volk.
Aber Mexiko ist nicht nur wegen der früher zahlreich vertretenen Maya- und Azteken-Stämme ein spirituelles Land. Es ist vor allem aus dem Grund ein spirituelles Land, weil es auch heute noch viele indigene Völker gibt, die ihre ganz eigenen Sitten und Bräuche haben. Es ist beeindruckend, diese Rituale mitzuerleben. Ein Ort sei euch ans Herz gelegt, falls ihr das sehen wollt, denn erklären kann man es nicht: Chamula. Was genau dort in der Kirche passiert, wird nicht verraten – aber das zu erleben, ist einen Besuch wert.
Und auch generell scheint Mexiko einfach von Natur aus spirituell zu sein. Ich hatte das Gefühl, dass das Land anders atmet als die anderen Länder, in denen ich bisher war. Vor allem, als ich in der Stadt Oaxaca zufällig die Möglichkeit hatte, in einem äußerst spirituellen, in einem Künstlerhaus gelegenen Raum voller Instrumente, Klänge und Schwingungen zu meditieren.
Apropos Kunst: Das Aushängeschild Mexikos ist Frida Kahlo, die in Mexico City gelebt hat. Aber ihr Geist ist über das ganze Land verstreut. Man findet Teile von ihr in praktisch jedem Ort, an den man geht – und das fand ich schön. Denn Frida Kahlo scheint mir eine äußerst inspirierende und interessante Frau gewesen zu sein.
Ob Kochen auch als Kunst zählt, weiß ich nicht. Aber das Essen in Mexiko war umwerfend. Inmitten von Tacos, Burritos, Enchiladas, Quesadillas und – am allerwichtigsten – Tequila (Sunrise) und Mezcal ist man im kulinarischen Paradies.
San Cristóbal de las Casas
Kommen wir nun zu dem einzigen Ort, mit dem ich richtig warmgeworden bin und an dem ich das Gefühl hatte, angekommen zu sein: San Cristóbal de las Casas, gelegen im Staat Chiapas. Die Stadt ist nicht zu klein und nicht zu groß, befindet sich in den Bergen und ist ein bisschen kühl. Dort zu sein, fühlt sich fast schon winterlich an. Vielleicht wegen der Nadelbäume, die dort wachsen. Und vielleicht auch wegen der indigenen Menschen aus den umliegenden Dörfern, die häufig nach San Cristóbal de las Casas fahren und versuchen, ihre traditionellen, selbstgewebten Trachten auf dem Markt zu verkaufen. Fakt ist: Ich weiß nicht genau warum, aber es fühlt sich winterlich an – im besten Sinne. San Cristóbal de las Casas ist gemütlich. Ich habe mich heimisch gefühlt.
Ich bin beinahe jeden Tag am frühen Abend durch die Stadt gelaufen, um die wunderschönen Kolonialhäuser im Glanz der untergehenden Sonne bewundern zu können. Den späteren Abend haben wir meistens damit verbracht, im Garten Gras zu rauchen und nachher entweder lustige Kinder- oder Horrorfilme zu schauen. Nachts habe ich mich in warme Decken eingekuschelt. Es war einfach gemütlich – und das mochte ich sehr.
Außerdem liegt in der Nähe von San Cristóbal de las Casas der Cañón del Sumidero. Ein beeindruckender Canyon, in dem Krokodile herumschwimmen und in dem man unter riesigen Wasserfällen hindurchfahren kann (zumindest in der Regenzeit). Ach ja, und: Das Dorf Chamula, von dem ich weiter oben geschrieben hatte, liegt übrigens nur 30 Minuten von San Cristóbal de las Casas entfernt.