Jung, verliebt und gleichberechtigt – oder doch nicht?

Geduld und Kompromisse

Und nein, auch das funktioniert nicht immer perfekt, es gibt immer noch Wochen, in denen ich mich allein um den Haushalt kümmere. Aber wir versuchen es, ich kämpfe und meine Anstrengungen werden gesehen. Auch wenn mein Freund noch dazulernen kann, hat er zumindest Verständnis für meine Situation.

Eine gleichberechtigte Beziehung bedeutet für mich nicht unbedingt, die Aufgaben immer 50/50 aufzuteilen, sondern sich nach der jeweiligen Lebenssituation zu richten. Da kann es schon mal sein, dass ich mich etwas mehr um den Haushalt kümmere, wenn mein Partner Vollzeit arbeitet und ich noch studiere. Dafür zahlt er allerdings den größeren Anteil der Miete und das Ganze dreht sich um, wenn ich mal eine wichtige Abgabe habe. Und am wichtigsten: Wir reden darüber, er ist emotional für mich da und zeigt seine Dankbarkeit dafür, dass ich ihm den Rücken freihalte.

Immer wieder Diskussionen

So ungerecht und unzeitgemäß die klassische Rollenverteilung auch ist, sie hat einen entscheidenden Vorteil: Sie bietet die gewohnte Sicherheit. Die Aufgaben sind klar verteilt. Man muss nicht darüber nachdenken, wer diese Woche die Einkäufe erledigt oder die Wohnung putzt, das macht sowieso alles die Frau. Möchte man die Beziehung gleichberechtigt gestalten, müssen die Rollen neu ausgehandelt werden. Und das nicht nur einmal, sondern immer wieder. Denn die Lebenssituation ändert sich und somit auch die jeweiligen Kapazitäten. Das erfordert Zeit, Bereitschaft zur Kommunikation und Kompromisse. Ein kontinuierlicher Kampf gegen die Rückkehr in altbekannte Rollenbilder.

Ein Blick in die Zukunft

So schwierig und anstrengend es auch sein mag, eine gleichberechtigte Beziehung zu führen oder es zumindest zu versuchen, meiner Meinung nach sind die Anstrengungen es wert. Nicht nur, um in meiner Rolle als Frau aus alten Strukturen und Denkmustern auszubrechen, sondern auch für die nächsten Generationen. Denken wir mal ein paar Jahre weiter. Irgendwann werden wir selbst Kinder haben und diese werden – anders als noch mein Partner und ich – nicht mit der klassischen Rollenverteilung aufwachsen. Unsere Kinder lernen von Anfang an andere Möglichkeiten kennen. Vielleicht fällt es ihnen in späteren Beziehungen leichter, nicht in alte Muster zu verfallen, sondern intuitiv eine gleichberechtigte Beziehung zu führen.

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Bildquelle: Batik via Pexels, CC0-Lizenz