Hassobjekt schmutzige Fingernägel

Hassobjekt: Schmutzige Fingernägel

Jeder kennt sie, jeder hasst sie und doch brauchen wir sie wie die Luft zum Atmen: Nervige Klientele und unnütze Gegenstände des Alltags, über die man sich so richtig schön echauffieren kann – da geht es den ZEITjUNG-Autoren nicht anders. Deshalb lassen wir unserer Wut in der Reihe „Hassobjekt“ einfach freien Lauf und geraten überspitzt in Rage. Eins ist sicher: Nichts ist uns heilig und keiner wird verschont. Dieses Mal auf der Abschussliste: Schmutzige Fingernägel.

Sie sitzt allein in einem Café und liest Edgar Allan Poe. Ich kann nicht anders, als sie anzustarren. Sie ist wunderschön. Der Typ Frau nachdem sich alle Männer umdrehen. Lange, braune Haare, volle Lippen, ein Lächeln als wäre Aphrodite selbst vom Olymp herab gestiegen! Es ist Liebe auf den ersten Blick. Bis ich ihre Fingernägel sehe…

Auf einmal bekommt ihre perfekte Maske Risse. Ihr engelsgleiches Gesicht fällt zu Boden und offenbart eine dämonische Fratze. Ihr Lächeln wirkt auf einmal weniger strahlend, ihre Haare werden zu Schlangen, spitze Wildschweinhauer ersetzen ihre schönen Zähne. Innerhalb von Sekunden hat sich die Liebe meines Lebens in ein Monster verwandelt! Es ist wie ein Schlag in den Magen. Als hätte mir jemand den Boden unter den Füßen weg gezogen. Wie kann man nur so dreckige Nägel haben?

Du warst doch den ganzen Tag im Büro und hast dich im Schritt gekratzt!

Es will mir einfach nicht in den Kopf gehen, dass es Menschen gibt, denen es völlig egal ist, wenn vier Liter Kompost unter ihren Fingernägeln vor sich hin modert. Diese Unmenschen, die mit Trauerrändern unter ihren Nägeln durchs Leben laufen. Ich glaube nämlich Menschen mit schmutzigen Fingernägeln sind zu allem fähig! Wer sich nicht einmal ordentlich die Hände wäscht, zahlt bestimmt auch keine Steuern. Oder ertränkt Welpen! Nackt!

Und immer dieses Gelaber von wegen: „Das ist doch natürlich“ und „Das hätte unsere Vorfahren auch nicht gestört“. Das mag schon sein, aber weder bist du gerade von der Mammutjagd gekommen, noch hast du im Schweiße deines Angesichts auf dem Feld gearbeitet. Wir leben im 21. Jahrhundert. Du warst den ganzen Tag im Büro und hast dich abwechselnd an der Nase und im Schritt gekratzt. Und ich rede jetzt nicht von Handwerkern. Mir ist schon bewusst, dass Motoröl oder Farbe nicht so leicht los zu werden sind. Aber welche Ausreden haben denn diese ganzen anzugtragenden Teilzeit-Hipster vorzuweisen? Mit I-Phone in der einen und entkoffeinierter Soja-Latte in der anderen, war keine Hand für die Nagelpflege frei oder wie? Sogar wenn man gerade nach 11-jähriger Gefangenschaft aus dem Versuchslabor eines verrückten Wissenschaftlers entkommen ist, indem man sich 2 Wochen lang, mit den bloßen Händen, durch die Erde gebuddelt hat, bleibt doch immer noch kurz Zeit, um sich danach ordentlich die Nägel zu putzen, bevor man die Polizei ruft. Das hat mit Wertschätzung zu tun. Mit Respekt! Mit ZIVILISATION verdammt nochmal.

Es gibt kaum etwas so ekelhaftes, wie schmutzige Fingernägel!

Am schlimmsten sind aber Kellner, die meinen mit ihren grusligen Endzeit-Fingern mein Essen anfassen zu müssen. Man kann sich ja nicht einmal sicher sein, was genau sich da unter den Nägeln versteckt. Von Schoko-Soufflé bis Periodenblut ist alles möglich. Da wird es doch wohl noch angemessen sein, zu erwarten, dass der Aushilfskellner im zarten Teenageralter sich seine verkrusteten Wichsgriffel wäscht. Schließlich wissen wir doch alle, was man in dem Alter den halben Tag lang treibt! Aber auch oder gerade im Erwachsenenalter ist fehlende Nagelpflege unverzeihlich. Ganz egal, wer du bist. Egal wie du aussiehst. Von mir aus kannst du sogar die jüngere Schwester von Angelina Jolie sein, aber putz‘ dir bitte zwischendurch deine Nägel! Denn ob bei Frauen oder Männern – es gibt doch kaum etwas so ekelhaftes, wie schmutzige Fingernägel. Man braucht ja nicht einmal ein überteuertes Nagelpflegeset aus der Drogerie kaufen. Es reicht doch mit einem Nagel der anderen Hand den Schmutz entfernen! Es könnte so einfach sein.

Vielleicht bist du sogar der nächste Bundeskanzler

Auch du kannst es schaffen! Wirf das Joch der Barbarei ab! Komm ins Licht! Fang an ein Mensch zu sein und lass das Tier hinter dir! All der Ballast, der dich und deine Finger runter zieht, lass ihn los. Du wirst den Unterschied bald bemerken. Die Menschen, die sich früher voller Ekel von dir und deinen Trollhänden abgewandt haben, werden dich grüßen! Mit Wärme und Dankbarkeit in ihren leuchtenden Augen, werden sie dir zuwinken. Du wirst Großes vollbringen, Erfolg im Beruf haben und deine Mitmenschen mit deinem Humor und deinem Charisma begeistern! Da bin ich mir ganz sicher. Vielleicht bist du sogar der nächste Bundeskanzler oder die nächste Bundeskanzlerin! All das wäre mit schmutzigen Fingernägeln niemals möglich gewesen. Deine Oma wäre stolz auf dich.

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