Hassobjekt: Menschen, die immer zu früh kommen
Jeder kennt sie, jeder hasst sie und doch brauchen wir sie wie die Luft zum Atmen: Nervige Klientele und unnütze Gegenstände des Alltags, über die man sich so richtig schön echauffieren kann – da geht es den ZEITjUNG-Autoren nicht anders. Deshalb lassen wir unserer Wut in der Reihe „Hassobjekt“ einfach freien Lauf und geraten überspitzt in Rage. Eins ist sicher: Nichts ist uns heilig und keiner wird verschont. Dieses Mal auf der Abschussliste: Menschen, die immer zu früh kommen.
Wer kennt es nicht? Man hat Freunde zu sich nach Hause eingeladen. Geplant ist ein Spieleabend oder man trifft sich zum Vorglühen. Los gehen soll es gegen 20 Uhr. Das Lieblingsoutfit liegt schon bereit, die Zähne sind geputzt, jetzt nur noch schnell duschen und ready. Doch als man sich gerade einseift, klingelt es an der Tür – zehn Minuten VOR 20 Uhr!! Zufrühkommer sind einfach das Allerletzte.
Zufrühkommer versus Zuspätkommer
Ich würde mich selbst als chronischen Zuspätkommer bezeichnen und ich gebe offen zu, dass das nicht meine beste Eigenschaft ist, aber ich bin der Meinung, dass es sich dabei um das kleinere Übel handelt. Zuspätkommern wird immer vorgeworfen sie seien unpünktlich, aber was bedeutet Unpünktlichkeit denn genau? Dass man nicht zur ausgemachten Zeit am ausgemachten Ort ist! Das sind Leute, die zu früh da sind aber auch nicht. Sie sind genauso unpünktlich! Allerdings werden wir Zuspätkommer immer als die weißen Gummibärchen der Gesellschaft dargestellt, während Leute, die immer viel zu früh eintreffen sogar noch für ihre Unpünktlichkeit gelobt werden! Ich habe genug von dieser ewigen Diskriminierung! Es wird Zeit die wahren Verbrecher zu entlarven und öffentlich bloß zu stellen.
Spanner und Perverse
Wenn ich zum Beispiel meinen Bus verpasse und zehn Minuten später am Treffpunkt ankomme, dann ist das Schlimmste was passieren kann eine genervte Verabredung. Oder wenn ich zu spät zu einer Party komme, gebe ich den Gastgebern einfach nur mehr Zeit um alles vorzubereiten. Leute, die zu früh dran sind, nehmen aber willentlich in Kauf ihre Verabredung völlig unvorbereitet, verwundbar und in manchen Fällen wortwörtlich nackt anzutreffen! Wir können also schon mal festhalten: Spanner und Perverse kommen zu früh, und eben Leute, die keinerlei Achtung vor der Privatsphäre anderer haben. Vielleicht zupfe ich mir gerade die Nasenhaare oder epiliere meine Finger. Vielleicht verkaufe ich noch ein Kilo Kokain im Darknet oder esse Hundefutter zu Abend und vielleicht muss ich einfach nochmal richtig laut aufs Klo. All das sind meine privaten Angelegenheiten, aber Zufrühkommern ist das völlig egal. Sie genießen es, unsere Privatsphäre zu stören und in unser aller Angelegenheiten herumzuschnüffeln und zwar weil ihr eigenes Leben so öde und ereignislos ist, dass sie es gar nicht erwarten können aus ihrem Zuhause heraus und rein in anderer Leute Leben zu stürmen. Egoistisch und verantwortungslos nenne ich so etwas. Zu früh kommen sollte unter Strafe gestellt werden, denn um was es sich beim zu früh (an)kommen eigentlich handelt, ist Diebstahl. Und zwar Diebstahl meiner kostbaren Zeit, die ich zur Vorbereitung brauche! Wenn ich eine Verabredung habe, muss ich mich darauf verlassen können, dass die letzten Minuten mir ganz allein gehören. Um mich mental oder körperlich zu sammeln oder eben um die ganzen Kleinigkeiten zu erledigen bei denen ich keine Zuschauer gebrauchen kann. Das gilt auch für Bewerbungsgespräche oder Dates!
Zufrühkommer sind ein gesellschaftliches Problem
Zufrühkommer sind eben nicht nur im Freundeskreis ein Problem. Besonders schlimm sind beispielsweiße die entsprechenden Busfahrer. Kommt der Bus zu spät warte ich eben ein paar Minuten länger, kommt er dagegen zu früh verpasse ich ihn mit Sicherheit. Ich meine wer ist schon fünf Minuten früher an der Haltestelle? Nur Leute, die nichts Besseres zu tun haben! Und die Liste mit nervigen Zufrühkommern, die mir kostbare Vorbereitungszeit rauben, lässt sich endlos weiterführen: da gibt es Lehrer, die mir die Chance nehmen noch die Hausaufgaben abzuschreiben, Kellner, die mich schon nach fünf Sekunden fragen, was ich essen möchte, Großeltern die an die Tür klopfen, wenn ich gerade noch das Badezimmer putze und viele mehr. Zu früh kommen nervt einfach, ob an der Haltestelle oder im Bett. Und das schlimmste daran: wir leben in einer Hochburg dieser Unmenschen. Denn vor allem in Deutschland scheint es kein Entkommen vor Zufrühkommern zu geben! Wir sind sogar berühmt dafür. Sprüche wie „5 Minuten vor der Zeit, ist des Deutschen Pünktlichkeit“ stacheln diese Ausgeburten der Hölle sogar noch zu Höchstleistungen an. Die stupide Angewohnheit sich in anderer Leute Leben einzumischen und an deren Tür zu klopfen, ohne dass diese es wollen scheint deutscher Nationalsport zu sein.
Du kannst etwas ändern!
Doch so muss es nicht bleiben! Jeder kann etwas gegen Menschen tun, die immer zu früh dran sind. Beispielsweiße einfach nicht die Tür öffnen, bis die Uhr die richtige Zeit anzeigt oder man lädt diese Menschen am besten einfach gar nicht mehr zu sich nach Hause ein, bis sie ein Einsehen haben! Ein rohes Ei im Rucksack eignet sich hervorragend, um es dem Bus noch an die Scheibe zu werfen, wenn dieser wieder einmal zu früh los fährt und man nur noch die Rücklichter zu Gesicht bekommt. Und euer Date wird sich sicher nicht mehr damit brüsten schon 20 Minuten zu früh im Restaurant angekommen zu sein, wenn ihr ihm eine Gabel in die Hand rammt. Zuspätkommer dieser Welt vereinigt euch! Es kann nicht sein, dass wir im Abseits der Gesellschaft stehen, während diese elendigen Arschgeigen genauso unpünktlich sind wie wir, aber dafür sogar noch als „fleißig“ gefeiert werden. Gleichzeitig bitte ich aber auch alle Zufrühkommer dieser Welt – habt doch ein wenig Gnade! Lasst uns in Ruhe, geht jemand anderem auf die Nerven und wartet doch lieber noch zehn Minuten bis es wirklich 20 Uhr ist, bevor ihr klingelt, damit ich nicht mit Shampoo in den Haaren und nur einem Handtuch bekleidet die beschissene Tür aufmachen muss, nur weil ihr Vollidioten Google Maps nicht vertraut und deshalb sicherheitshalber etwas früher los gegangen seid. Wir wissen doch alle, dass Partys um neun los gehen, wenn acht auf der Einladung steht und Nein, weder euer billiger Tetrapack-Wein, noch die Celebrations-Schokolade, die gestern bei Aldi im Angebot war, machen das wieder gut. Auch dann nicht, wenn ihr mich so dümmlich angrinst und mir die nächste halbe Stunde beim Dekorieren zuschaut, bis endlich die normalen Gäste ankommen, verdammt nochmal ich hasse euch.
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Bildquelle: Unsplash unter CC0-Lizenz