Leon Weber Interview

Zum Heiland mit LCAW: „Zwei Wochen Berlin reichen mir dann auch“

Wieso hast du dich nicht für die „harte“ Elektro-Schiene entschieden, sondern eine Verbindung zur Pop-Musik geknüpft?

Ich glaube das liegt daran, weil ich aus der klassischen Musik komme. Ich habe schon immer mehr auf Melodien gesetzt und meine Tracks waren von Anfang an wie richtige Songs strukturiert. Es waren nie wirkliche Club-Tracks, sondern Tracks, die man entspannt auf Roadtrips hören kann. Außerdem hat es mir immer schon megaviel Spaß gemacht mit Sängern und Instrumenten zu arbeiten. Das will ich auch immer weiter ausbreiten, damit ich irgendwann vielleicht mal mit einem Orchester auf die Bühne gehen kann. Das wird heutzutage voll unterschätzt!

Inwiefern hat die Klassik denn dann deiner Meinung nach Einfluss auf die heutige elektronische Musik? Kann man diese zwei Musikrichtungen überhaupt vergleichen?

Ja, auf jeden Fall! Es hängt allerdings immer ein wenig davon ab, welche klassische Musik man gerade meint. Ich war da immer sehr fokussiert auf Romantik.  Hier kann man sehr viel über Harmoniefolgen und Spannungsbögen lernen. Ich höre das extrem viel und lasse mich dann von schönen Melodiemerkmalen inspirieren.

Du hast eben schon gesagt, dass du gerne Musik zum Hören machst, für einen lauen Sommertag zum Beispiel. Dein Mixtape „Dance with me“ ist ja auch eher darauf ausgerichtet. Nimmt man sich das als DJ vor, dass man so einen Sommertrack macht oder kommt das frei nach Lust und Laune?

Ich tue so etwas eher extrem intuitiv und das ist sehr von meiner Laune abhängig. Wenn ich zum Beispiel  schlecht drauf bin oder voll Bock hab auf Techno feiern zu gehen, würde ich mich nicht hinsetzen und so ein Mixtape machen. Solche Ideen entstehen dann eher an einem ganz entspannten Sommertag und ganz von selbst. Das ist dann auch Musik, die ich privat höre. Mit meiner Musik möchte ich nicht unbedingt den Geschmack von besonders vielen Leuten treffen, sondern einfach meinen Zuhörern zeigen, was ich mache und was mir gefällt. Meine Mixtapes sind wie meine persönliche Playlists – nur eben mit Spannungsbogen.

Ist dir bisher ja ziemlich gut gelungen! Du bist ja noch echt jung. In diesem Alter stecken die meisten ja noch in der Ausbildung oder im Studium fest. Hattest du ursprünglich die gleichen Pläne oder war es immer die Musik?

Die elektronische Musik ist definitiv aus der Planlosigkeit entstanden (lacht). Es ist ja meistens so, dass die Eltern darauf setzen, dass das Kind in einem gewissen Bereich eine bestimmte Ausbildung bekommt. Bei mir war das die klassische Musik: Ich hatte jahrelang Unterricht, Wettbewerbe, Orchester – das war also das naheliegendste. Während dem Abi habe ich erst damit angefangen, elektronische Musik zu machen. Mein DJ-Kumpel wurde zu der Zeit in meinem Freundeskreis total gehyped und ich dachte mir dann nur : „Okaaay, was macht der denn da eigentlich?“ und hab dann eigentlich mehr zum Spaß ein Stück von Daughter gemixt, dass sich „Run“ nennt. Das habe ich dann an meine zehn gefakten Follower auf Soundcloud hochgeschickt. Einen Tag später hat mich dann ein Blog gefragt, ob er das hochladen darf. Damals hatte der Blog glaube ich 4.000 Abonennten, mittlerweile hat er 3,7 Millionen und das Stück ist bis heute der Song mit den meisten Plays. Es wurde glaube ich 15 oder 20 Millionen mal angehört.

Ging also richtig durch die Decke?

Ging richtig durch die Decke! Ich hab dann mein Abi noch durchgezogen und bin zwei Wochen später zu meinen Eltern und hab gesagt „Das ist mein Plan A!“. Erstmal natürlich kein Geld damit verdient, keine Bookings gehabt und überhaupt nicht viel passiert. Dann haben mich meine Eltern richtig schräg angeschaut, mir den Vogel gezeigt und gesagt: „Spinnst du? Mach das als Hobby, schau wo’s hinführt und such’ dir bis dahin was Gescheites!“ Ich hab mich dann auch für Medizin angemeldet – mit 12 Semestern Wartezeit natürlich – und VWL studiert, wo ich einmal da war in einem Jahr. Für mich war das einfach alles nur Show, weil ich nebenbei trotzdem auf die Musik setzte.

Anfangs warst du also ziemlich unter Druck?

Naja, ich wusste, dass ich ein Jahr Zeit und Rückendeckung habe. Morgens bin ich dann immer schön zur Haustür raus, mittags wieder rein und auf die Frage „Na, wie wars heute“ habe ich immer geantwortet: „War super in der Uni.“ Im Hintergrund ging das mit der Musik dann alles sehr schnell und als ich dann jedes Wochenende auf Reisen war, haben meine Eltern doch mal Fragen gestellt. Als dann ein Management und Booking-Anfragen dazu kamen, das Ganze deutlich professioneller wurde und ich bei SONY unterschrieb, konnten sie sich dann auch sehr dafür begeistern und meinten zu mir: „Okay du machst dein Ding! Kannst du uns nur noch erklären, wie das alles so schnell geklappt hat trotz Studium?“

Was halten deine Eltern von elektronischer Musik?

Generell ziemlich wenig (lacht), aber sie interessieren sich sehr für meine Musik und das finde ich auch super! Die beiden kennen sich eben auch unglaublich gut aus mit Musik und dann setze ich mich auch mal gerne mit ihnen zusammen, analysiere die Tracks und hole mir Feedback ein. Ich höre tatsächlich auf das Feedback meiner Eltern! Sie können manchmal sehr kritisch sein. (lacht).

Was glaubst du, wieso du gerade so erfolgreich bist? Hat das vielleicht mit deiner klassischen Musikausbildung zu tun?

Ich denke es lag mehr daran, dass ich punktgenau den Zahn der Zeit getroffen habe. Als ich anfing, gab es so die Souncloud-Szene und wenn man da die Namen angeschaut hat, waren das Robin Schulz, Kygo, Felix Jaehn, die heute natürlich alle kennen. Damals hatten die zwischen 200 und 2.000 Follower auf Soundcloud, da war das noch gar nicht im Mainstream angelangt. Es hat aber irgendwann genau das getroffen, was die Leute hören wollten.

Du hast mit Künstlern wie Herbert Grönemeyer oder Parov Stelar zusammengearbeitet. Hast du jemanden im Kopf, mit dem die Zusammenarbeit besonders bereichernd war?

Bei einem Remix bekomme ich nur die einzelnen Spuren und habe ansonsten die komplette musikalisch Leitung. Es ist also in dem Sinne keine direkte Zusammenarbeit. Ich lege trotzdem immer viel Wert darauf, die Sänger auch persönlich kennen zu lernen und mit Grönemeyer habe ich sogar heute noch SMS-Kontakt, was irgendwie mega surreal ist. Früher wurde mir die fertigen Musikspuren einfach nur „rübergeschoben“, so nach dem Motto: „Hier bitteschön, mach mal!“ Seitdem ich am aktuellem Album arbeite, ist es andersrum. Da sitze ich im Studio und warte auf die Sänger, die teilweise von echt weit herkommen. Man setzt sich zusammen hin und komponiert.

Also es ist keine ganz distanzierte Zusammenarbeit, aber man lernt die Leute schon kennen auf irgendeine Art und Weise?

Auf jeden Fall! Also, so mache ich es. Es gibt ja verschiedene Systeme, wie Popmusik heute entwickelt wird. Ich finde es viel persönlicher, wenn ich mit den Sängern wirklich im Studio bin und mit denen zusammen den Song entwickele.