„Ich bin genug“: Wie Eltern sich vom Perfektionismus befreien

Eltern fühlen sich heutzutage oft unter enormem Druck. Sie sollen stets verfügbar und perfekt sein und auch noch den Ansprüchen von Familie und Gesellschaft gerecht werden. Dieses Streben nach dem Idealbild kostet jedoch Kraft und verstärkt das Gefühl, den Anforderungen nicht zu genügen. In einer Umfrage der American Psychological Association gab knapp die Hälfte der Eltern an, an den meisten Tagen unter starkem Stress zu stehen. Besonders Eltern mit einer hohen emotionalen Intelligenz scheinen jedoch Wege gefunden zu haben, sich diesem Druck zu entziehen und zugleich die emotionale Widerstandsfähigkeit ihrer Kinder zu fördern. Ihre Lösung? Sie erinnern sich bewusst daran: „Ich bin genug.“

Die Balance zwischen Selbstfürsorge und Fürsorge für andere

Das Konzept „gut genug“ bedeutet nicht, sich mit dem Minimum zufriedenzugeben. Es beschreibt vielmehr die Fähigkeit, eigene Bedürfnisse sowie die des Kindes gleichermaßen zu respektieren. Eltern mit emotionaler Intelligenz vermeiden den Perfektionismus und setzen stattdessen klare Prioritäten. Vor allem in Zeiten, in denen soziale Medien den ständigen Vergleich mit anderen Familien fördern, hilft diese Haltung, Druck abzubauen. Eltern tappen oft in die Falle, sich und ihre Kinder nach außen hin perfekt darzustellen. Laut CNBC verstärke dieser Vergleich den inneren Stress nur weiter.

Eltern mit dieser Haltung messen Erfolg nicht daran, wie andere sie beurteilen, sondern daran, was für die Familie wirklich von Bedeutung ist. So verzichten sie etwa auf große Geburtstagsfeiern und entscheiden sich bewusst für einfache, gemütliche Zusammenkünfte. Auch in der Freizeitgestaltung setzen sie klare Grenzen und reduzieren die Zahl der Aktivitäten – eine Entlastung für alle Beteiligten.

Was wirklich zählt: Fokus statt FOMO

Laut CNBC besinnen sich Eltern, die viel emotionale Intelligenz haben, häufig darauf, was ihnen und ihren Kindern wirklich wichtig ist. Dieser „gut genug“-Ansatz ist eine Orientierung an realistischen und persönlichen Standards, die sich an den Bedürfnissen der Familie ausrichten. Viele Eltern stellen sich die Frage: „Welche Erwartungen von außen belasten uns und sind für unser Wohl gar nicht relevant?“ Diese klare Fokussierung unterstützt sie dabei, Stress zu minimieren und das Familienleben zu vereinfachen.

Statt der Angst, etwas zu verpassen (FOMO – Fear of Missing Out), erleben Eltern mit hoher emotionaler Intelligenz eher Freude am Verzicht (JOMO – Joy of Missing Out). Sie akzeptieren, dass nicht alles perfekt sein muss, und empfinden sogar Freude daran, sich von überflüssigen Verpflichtungen zu befreien. Im Alltag zeigt sich dies etwa darin, dass sie bewusst kleinere, weniger aufwendige Aktivitäten bevorzugen, die Stress vermeiden.

Grenzen setzen mit der „Ich werde NICHT tun“-Liste

Ein beliebtes Hilfsmittel für Eltern mit hoher emotionaler Intelligenz ist die sogenannte „Ich werde NICHT tun“-Liste. Diese Liste umfasst Aufgaben, die die Kinder selbst übernehmen können und die Eltern entlasten sollen. Dadurch gewinnen Eltern nicht nur mehr Freiraum, sondern fördern auch die Eigenverantwortung ihrer Kinder. Die Liste erinnert sie daran, wo es sinnvoll ist, loszulassen und Verantwortung abzugeben.

Beispielsweise könnten Eltern beschließen, das morgendliche Wecken der Kinder oder das Kontrollieren der Hausaufgaben nicht mehr selbst zu übernehmen. Indem sie solche Aufgaben Schritt für Schritt auf ihre Kinder übertragen, stärken sie deren Selbstständigkeit. Die Liste wird dabei regelmäßig, etwa alle sechs Monate, aktualisiert, um neuen Verantwortungsbereichen gerecht zu werden, wenn die Kinder älter werden.

Selbstvertrauen fördern: Weg von Perfektion

Die Überzeugung „Ich bin gut genug“ bringt für viele Eltern eine entscheidende Veränderung. Wer sich von der Vorstellung löst, perfekt sein zu müssen, schenkt den Kindern Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten. Dieser Ansatz, der Überfürsorge vermeidet, hilft Kindern, ihre eigene Stärke zu entdecken und eigenständig Probleme zu lösen. Eltern, die darauf setzen, dass ihre Kinder eigene Entscheidungen treffen können, unterstützen deren Selbstständigkeit – eine wertvolle Basis für das spätere Leben.

Gleich weiterlesen:

Folge ZEITjUNG auf FacebookTikTok und Instagram

Bild: Pexels; CC0-Lizenz