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Im Schlaf gefangen: Warum verlieren wir nachts das Bewusstsein?

Erschöpft liege ich im Bett und versuche mich auf die Zeilen vor mir zu konzentrieren. Während ich noch darüber nachdenke, das Kapitel zu Ende zu lesen, werden meine Augen schwer und im Handumdrehen bin ich eingeschlafen. Erst am nächsten Tag weckt mich die Sonne, weil ich es nicht einmal geschafft habe, die Vorhänge zuzuziehen. Es fühlt sich an, als wäre ich regelrecht in ein Koma gefallen.

Jeden Morgen gewinnen wir ein neues Bewusstsein für uns selbst – und nein, damit ist nicht das Vertrauen in unsere Fähigkeiten gemeint. Vielmehr werden wir uns unserer eigenen Existenz bewusst. Denn dieses Bewusstsein geht während des Schlafs verloren. Doch warum ist das so?

Jeder Schlaf ist ein kleiner Tod

Das Gehirn durchläuft eine Umstrukturierung, wie das Team um Philipp Sämann vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München herausgefunden hat. Die Forscher*innen beobachteten den Einschlafprozess von 25 jungen Proband*innen mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT). Hierbei lag der Fokus besonders auf zwei neuronalen Netzwerken: dem Default Mode Network (DMN), das innere Prozesse wie Selbstreflexion unterstützt und dem AntiCorrelated Network (ACN), das sich mit der Verarbeitung von Außenreizen befasst. Beide Netzwerke sind eng miteinander verbunden und senden kontinuierlich Signale aus.

Während des Experiments wird deutlich, dass sich das Zusammenspiel der beiden Netzwerke verändert. Das Default Mode Network (DMN) verliert während des Schlafs Teile seiner anatomischen Verbindungen. Zum Beispiel wird der Hippocampus, der für Gedächtnisleistungen verantwortlich ist, bereits beim Einschlafen entkoppelt. Der Frontallappen, der besonders die Bewegungskontrolle, die Planung zukünftiger Handlungen und das Langzeitgedächtnis beherbergt, wird mit zunehmender Schlafphase vollständig abgekoppelt.

Dennoch sind wir in der Lage, auf alarmierende Signale wie Geräusche von außen zu reagieren. Dies liegt daran, dass das neuronale Aufmerksamkeitsnetzwerk nur teilweise deaktiviert wird. Das Gehirn ist während des Schlafs also nicht passiv, sondern verändert schlichtweg seine Aktivität und Fokussierung.

Traumschlafphase und Tiefschlafphase

Aber wie schaffe ich es trotzdem, morgens in etwa zur gleichen Uhrzeit aufzuwachen, wenn das Gehirn nachts nahezu vollständig abgeschaltet ist? Tagsüber verfügen wir über ein grobes Zeitgefühl und können ungefähr abschätzen, wie spät es ist. Ähnliches kann auch nachts geschehen. Schon allein durch das Stellen eines Weckers erschaffen wir ein unbewusstes Zeitfenster. Doch ob wir schließlich aufwachen oder nicht, hängt davon ab, in welcher Schlafphase wir uns befinden. Während es in der Tiefschlafphase erheblich schwieriger ist, geweckt zu werden, ist dies in den Traumschlafphasen leichter. Daher hängt unser Aufwachen weniger vom Wecker als vielmehr von uns selbst ab – schließlich gibt es genug Menschen, die den Wecker einfach überhören. Wer jedoch den Ansatz verfolgt, Routinen und Regelmäßigkeiten zu etablieren, den Wecker immer zur gleichen Uhrzeit stellt und dann direkt aufsteht, könnte es schaffen, sich einen regelmäßigen Aufwach-Rhythmus anzueignen.

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