5 Fragen, 5 Antworten: Treten mehr Männer auf Konzerten auf?

Zum Ende des Sommers und damit auch der Festivalsaison kann man nochmal einen Blick auf die traurige Bilanz werfen – wieder einmal bespielten vor allem männliche Acts die großen Bühnen, sowohl in Deutschland als auch weltweit.

Wo sind die Frauen?

Woran liegt diese Entwicklung? Orientieren sich die Booker nur an männlichen Künstlern oder gibt es tatsächlich mehr Männer im Musikgeschäft? Lässt sich diese Verteilung auch bei Konzerten und in Konzerthallen, abseits der Festivalbühnen beobachten? ZEITjUNG hat mit einem der Booker für das Muffatwerk – einer Konzerthalle in München – Ralf Binder, über das Geschlechterverhältnis in der Musikszene gesprochen.

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Herr Binder, treten mehr Männer als Frauen auf Konzerten auf?

Ja, es treten zwar mehr Männer als Frauen auf, aber dass es so gravierend ist, überrascht mich doch. Hier besteht natürlich aber auch ein Unterschied darin, ob man nun von Festivals oder von Einzelkonzerten spricht. Bei Festivals kann man bei dem Line-Up eigentlich bewusst darauf achten, dass die Auswahl gleichmäßig ist, bei Konzerten bestimmt im Grunde das Publikum, wen es sehen möchte. Das bedeutet, dass durch die Nachfrage an Tickets natürlich auch bestimmt wird, wer auftritt.

Bildquelle: Unsplash unter CC0 Lizenz

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Warum glauben Sie gibt es dieses Ungleichgewicht?

Gute Frage. Das hat wahrscheinlich einfach auch mit der allgemeinen gesellschaftlichen Lage zu tun, mit dem üblichen Thema, dass Frauen und Männer nunmal noch nicht gleichberechtigt sind. Es gibt eine Entwicklung, aber das Ganze ist ein Prozess, der noch etwas Zeit braucht.

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Was halten sie von Veranstaltungen, bei denen beispielsweise nur Frauen auflegen?

Ich finde, dadurch wird ein Zeichen gesetzt. Grundsätzlich ist es aber in der Musik ähnlich wie in der Politik. Eine Frauenquote würde definitiv helfen, um ein Zeichen für mehr Gleichberechtigung zu setzen. Letztendlich geht es aber nicht um die Quote. Das Publikum besitzt im Grunde die Entscheidungsgewalt. Wenn weibliche Künstler gehört werden und auch nachgefragt werden, werden sie auch gebucht. Als Booker sollte man auf die Musik und nicht auf das Geschlecht achten.

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Gibt es genrespezifische Unterschiede?

Man kann schon sagen, dass es klassisch männerdominierte Genres gibt. Beispielsweise im Hip-Hop oder tatsächlich auch im Reggae ist das Künstlerspektrum sehr männlich geprägt, da herrscht auch noch das Macho-Mann-Klischee vor. Auch im harten Rock gibt es noch sehr wenige Frauen. In der Popmusik hingegen ist das Verhältnis mittlerweile ausgewogener. Aber man bemerkt auch in anderen Genres eine Entwicklung. Beispielsweise in dem traditionell eher männlich geprägten Genre Hip-Hop kommen in den letzten Jahren immer mehr weibliche Künstler dazu.

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Wie könnte man die Entwicklung voranbringen?

Wie gesagt, man kann als Booker schon daran arbeiten, dass das Geschlechterverhältnis ausgewogener ist. Aber leider kann man nur einen kleinen Teil dazu beitragen. Eigentlich muss sich die Gesellschaft dahingehend ändern, dass in der Erziehung Gleichberechtigung stärker vermittelt wird. Frauen sollten sich trauen können, im stark umkämpften Musikgeschäft gegen Männer anzutreten.

Ganz grundsätzlich glaube ich aber, dass der örtliche Veranstalter nur am Ende der Kette der Musikindustrie sitzt. Hier hat man nur Kontakt mit Künstlern, die bereits ein Publikum gefunden haben. Die eigentliche Frage ist, warum mehr männliche Künstler die erste Marktselektion überstehen und überhaupt vermarktet werden, und woran das liegt.

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