Lach doch mal! Was ist eigentlich Surface Acting?
Wer von euch hat schon einmal einen nervigen Kunden bedient oder seinem Chef gegenübergesessen und sich dabei gedacht: Am liebsten würde ich jetzt einfach aufstehen und gehen! Stattdessen habt ihr weiter vor ebendieser Person gehockt, gelächelt und gewunken, wie die Pinguine aus Madagaskar und freundlich „ja“ und „danke“ gesagt, wenn euch Fragen gestellt wurden. Nicht, weil ihr generell keine eigene Meinung hättet, sondern weil euer Job davon abhing.
Dieses Verhalten nennt sich „Surface Acting“ und auch die Wissenschaft hat diese Art der Emotionsregulation schon für sich entdeckt. Eine Studie aus dem Jahr 2002 zeigte schließlich, dass Surface Acting jedoch keine harmlose Marotte ist, sondern zu schweren gesundheitlichen Problemen führen kann.
Doch was genau ist Surface Acting?
Keine Angst, das gelegentliche falsche Lächeln gegenüber der nervigen Großtante oder die gestellt freundliche Begegnung mit dem verhassten Kollegen werden noch nicht zu einem Herzinfarkt führen. Wie Wissenschaftler:innen der Uni Frankfurt herausfanden, sind vor allem Angestellte im Dienstleistungssektor von dem Phänomen betroffen. Sie verdienen ihr Geld damit, den Kunden oder die Kundin zufrieden zu stellen und die eigenen Emotionen im Zweifelsfall zu unterdrücken.
In einer Studie stellten die Wissenschaftler:innen eine Situation mit zwei Gruppen nach. In der Situation ging es darum, dass die Proband:innen am Telefon von einer unzufriedenen Kundin beschimpft wurden. Der Unterschied zwischen den Gruppen bestand nun darin, dass Gruppe A freundlich bleiben musste, während Gruppe B zurückschimpfen oder auflegen durfte. Und siehe da: Die Proband:innen der Gruppe A hatten auch lange nach dem Gespräch noch einen stark beschleunigten Herzschlag. Ihr Stresspegel lag höher und wirkte länger nach als bei Gruppe B.
Muss Surface Acting aufgrund der beruflichen Situation über einen langen Zeitraum aufrechterhalten werden, drohen den Beschäftigten nicht nur Herz-Rhythmus-Störungen, sondern auch Depressionen, Burnouts und ein geschwächtes Immunsystem. Denn Bei Stress schüttet der Körper Unmengen an Adrenalin und Cortisol aus. Werden diese Hormone zu häufig und in einer unüblich hohen Menge produziert, ist das schlecht für Körper und Psyche.
Emotionale Dissonanz
Doch warum ist dieses Verhalten so schädlich? Psychologen vermuten, dass das Surface Acting auf eine einfache emotionale Dissonanz zurückzuführen ist. Was ist das nun schon wieder? Ganz einfach! Menschen möchten die Emotionen ausdrücken können, die sie in dem Moment fühlen. Deswegen lachen wir, wenn wir glücklich sind oder weinen, wenn wir Schmerzen haben. Können wir diese Übereinstimmung nicht erreichen, fühlen wir uns fremd und unwohl in unserem Körper. Wir distanzieren uns von uns selbst.
Und jetzt?
Doch was tun, wenn Kund:innen sich unmöglich verhalten? Klar ist, die schlechte Laune deines Gegenübers ist in den seltensten Fällen deine Schuld. Insbesondere dann, wenn du nur Kellner:in oder Hotlinemitarbeiter:in bist. Du kannst also getrost die Beschwerde weitergeben oder an die zuständige Person verweisen. Hast du doch einmal einen Fehler gemacht, solltest du in der Lage sein dich zu entschuldigen und das Problem zu beheben. Dennoch gilt, niemand muss sich beleidigen lassen! Versuche deswegen immer sachlich zu bleiben und klare Grenzen zu kommunizieren. Im Zweifelsfall ziehe einen Kollegen oder deine Vorgesetzten hinzu, Zeugen können helfen die Situation zu entschärfen. Merkst du jedoch, dass dein Unternehmen keinen Wert auf ein freundliches Miteinander und Wertschätzung legt, solltest du dir Gedanken machen, ob dies das richtige Arbeitsumfeld für dich ist. Denn die Psyche ist immer wichtiger als eine vermeintliche Karriere.
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Bildquelle: Amina Filkins von Pexels; CC0-Lizenz