Mitte Zwanzig und gefühlt keinen Plan, wo man mit seinem Leben hinwill? Willkommen in der Quarterlife Crisis. Bild: Pexels

LiebesLeben: Quarterlife Crisis – Wenn die Zwanziger zur Sinnkrise werden

Mein erster Freund und ich haben letztendlich zwar zu keinem Zeitpunkt zusammengelebt, aber trotzdem die ganze Zeit aufeinander gehockt, und das auch direkt am Anfang der Beziehung. Die Folge war natürlich, dass wir uns nicht mehr wirklich aufeinander gefreut haben, nicht mehr aufgeregt waren, wenn wir uns gesehen haben, dass die Verliebtheit zwar anfangs sehr stark, aber nach kurzer Zeit auch sehr schnell wieder verflogen war. Wir waren Alltag füreinander, aber rückblickend kein besonders schöner.

Meinen jetzigen Freund sehe ich seltener, was allein schon dadurch bedingt ist, dass er nicht in Berlin lebt. Obwohl wir uns mittlerweile seit knapp anderthalb Jahren kennen, bin ich auch heute noch jedes Mal aufgeregt, bevor ich aus dem Zug aussteige, und freue mich jedes Mal unermesslich, wenn ich ihn dann sehe. Ich bin noch regelrecht verliebt in ihn. Aber wir haben keinen gemeinsamen Alltag – was für mich völlig in Ordnung ist, weil ich dieses Gefühl von Alltagstrott überhaupt nicht haben möchte.

Doch jedes Mal, wenn ich auf Menschen treffe, von denen ich den Eindruck habe, dass sie – ob mit oder ohne Partner – genau dieses Alltagsleben führen, bekomme ich das ungute Gefühl, dass ich etwas falsch mache. Dass das die Art und Weise ist, auf die ich mein Leben eigentlich leben sollte. Dass alle um mich herum irgendwie weiter sind. Und dieses Gefühl erschlägt mich, obwohl ich tief in mir drin eigentlich gar nicht so weit sein will, wie es einige andere vielleicht sind.

Und das ist es, was die Quarterlife Crisis für mich ausmacht: Das Gefühl, vom Leben abgehängt zu werden, ohne genau zu wissen, weswegen überhaupt. Denn eigentlich ist doch alles ganz gut so wie es ist. Und eigentlich gibt es überhaupt keinen Grund, sich schon jetzt wegen Dingen unter Druck gesetzt zu fühlen, die man irgendwann in der Zukunft eventuell auch einmal machen oder haben möchte – oder auch nicht, wer weiß das schon?

Jeder lebt in seinem eigenen Tempo, und ohne Zweifel ist dieses individuelle Tempo ganz intuitiv richtig. Was für dich bestimmt ist, findet zum richtigen Zeitpunkt seinen Weg zu dir, und was für den Moment nicht sein soll, zieht an dir vorbei.

Eigentlich kein Grund für Krise. Aber das Gefühl bleibt.  

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Bildquelle: Dids on Pexels; CC0-Lizenz