Lachendes Pärchen im Bett

LiebesLeben: Verzeihen – Ein Zeichen von Stärke oder fehlendem Stolz?

Katja malt mit Sprache Bilder auf ihre Wortleinwand. In ihrer Kolumne nimmt sie euch mit in ihr Atelier: Als absoluter Gefühlsmensch schreibt sie über die Liebe und das Leben – ein bisschen philosophisch und ein bisschen psychologisch, mit einem Hauch von Melancholie.

Es gibt zwei Arten von Menschen. Einerseits wären da diejenigen, die den Partner*innen und Freund*innen, die sie im Laufe ihres Lebens haben, sowie ihren Familienmitgliedern sofort alles verzeihen und der Meinung sind, dass es von Stärke zeugt, einfach jegliche Fehler vergeben zu können. Sie geben nicht nur eine, sondern hunderte zweite Chancen – und wundern sich dann, wenn auf die Worte des Gegenübers zum hundertsten Mal wieder keine Taten folgen.

Auf der anderen Seite stehen die Menschen, die rein gar nichts verzeihen und niemandem auch nur eine einzige zweite Chance geben. Sie sind der Überzeugung, dass Verzeihen kein Zeichen von Stärke, sondern im Gegenteil ein Zeichen von Schwäche ist. Dass eine Person, die anderen immer wieder verzeiht, schlichtweg keinen Stolz und vor allem kein gesundes Selbstwertgefühl hat – ansonsten würde man sich schließlich nicht immer wieder von derselben Süßholzraspelei einlullen lassen. Sie scheinen überhaupt nicht daran zu glauben, dass Menschen sich ändern, bessern und an ihren Fehlern arbeiten können. Stattdessen scheinen sie davon überzeugt zu sein, dass jemand, der sich einmal falsch verhält, sich immer wieder falsch verhalten wird. „Vergeben und Vergessen“ gibt es nicht.

Was bedeutet es also, wenn man verzeihen kann? Dass man besonders stark ist – oder besonders schwach? Besonders unsicher? Besonders abhängig?

Zuerst einmal obliegt es natürlich jedem Menschen selbst, was man verzeihen kann und will. Es gibt nichts auf der Welt, was man verzeihen muss. Völlig egal, ob andere die „Das-ist-doch-nun-wirklich-nicht-so-schlimm“-Keule schwingen oder euch ins Gewissen reden, dass es euch doch sicher guttun würde, jemandem zu verzeihen, der euch verletzt hat. Wahrscheinlich haben sie damit sogar recht. Es tut in den meisten Fällen tatsächlich gut, seinen Frieden mit einer Sache zu schließen, die einen schon lange belastet. Aber bei manchen Dingen hat man das Gefühl, sie einfach nicht verzeihen zu können – egal, ob man es will oder nicht. Und das muss man auch nicht. Man schuldet niemandem Vergebung. Überhaupt schuldet man niemandem irgendetwas.