Schild mit Aufschrift: "The world is temporarily closed"

Perspektive aus dem Nachbarland: Lockdown in Frankreich

Und in Deutschland?

Während in Frankreich quasi alles dichtgemacht wurde, etablierte Deutschland den „Lockdown light“. Dieser sah Kontaktbeschränkungen und die Schließung von Kultureinrichtungen, Sportstätten und Gastronomie vor und sollte gleichzeitig die Wirtschaft schonen, indem die Geschäfte offenblieben. Die milderen Maßnahmen hatten auch mildere Erfolge. Der schnelle Anstieg des Inzidenzwertes wurde zwar aufgehalten, jedoch stagnierten die Zahlen bei einem hohen Inzidenzwert von 140 Neuinfektionen in einer Woche pro 100.000 Einwohner. Der Zielwert von 50 wurde nicht erreicht. Deshalb wurden die Maßnahmen in Deutschland nachgerüstet, ab Mitte Dezember mussten auch die Geschäfte des Einzelhandels und Friseursalons schließen. Über Weihnachten gab es Lockerungen der Kontaktbeschränkungen, die auch nicht zur Eindämmung des Virus beigetragen haben. Die hohen Zahlen und die Maßnahmen begleiten uns bis jetzt und es ist kein Ende absehbar. Im Gegenteil, der Lockdown wurde wieder verlängert. Ein effektives Krisenmanagement sieht anders aus.

Ist das französische „déconfinement“ gescheitert?

Doch auch in Frankreich werden die geplanten Öffnungen von z.B. Skigebieten und Universitäten nicht umgesetzt und stattdessen wieder strengere Maßnahmen in Kraft gesetzt, denn auch hier wollen die Zahlen der Neuinfektionen einfach nicht sinken. Momentan gilt eine Ausgangssperre zwischen 18 und 6 Uhr, das Gerücht um den nächsten Lockdown geht in der Bevölkerung um. Besonders für Berufstätige ist diese Sperrstunde schwierig, denn wer bis 17 Uhr arbeitet, hat danach noch eine Stunde Zeit, um einkaufen zu gehen und dann nach Hause zu eilen. Zwar ist der Weg von der Arbeit nach Hause mit einem Passierschein nach 18 Uhr erlaubt, das Einkaufen jedoch nicht. Spazierengehen oder anderweitig Zeit draußen zu verbringen ist für viele unmöglich geworden. Das sogenannte „déconfinement“, der Schritt für Schritt geplante Weg aus dem Lockdown, scheint zu voreilig gewesen zu sein.

Weder Deutschland noch Frankreich haben beim Abwägen zwischen Erhalten des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft und der Eindämmung des Virus einen optimalen Weg gefunden. Dies ist sicherlich auf die Unberechenbarkeit des Virus zurückzuführen, andererseits haben es beide Länder verpasst, im Sommer Strategien für die zweite Welle auszuarbeiten, die von Virologen wie Drosten vorhergesagt wurde.

Wie reagiert die Bevölkerung auf den erneuten Lockdown?

Während in Deutschland auf Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen zunehmend Verschwörungstheorien um Impfpflicht, Bill Gates oder die Weltregierung propagiert werden, geht es bei auf den französischen Demos meist klassisch um die Wirtschaft. Betroffene Berufsgruppen, allen voran die Gastronomen, machen ihrer Wut Luft und fordern von der Regierung die Erlaubnis zur Öffnung der Restaurants und Bars, sowie höhere finanzielle Hilfen. In Frankreich wird gerne und heftig demonstriert, auch Gewalt oder brennende Autos sind hier häufiger gesehen als in Deutschland. Deshalb habe ich mich gewundert, dass bis auf einige Proteste der Gastronomen, die Corona-Maßnahmen nicht viel Gegenwind erfahren. Es wird zwar jeden Samstag demonstriert, doch die Themen der letzten Zeit waren der Anschlag auf den Lehrer Samuel Paty und das Polizei-Sicherheitsgesetz. Vielleicht liegt es daran, dass die Franzosen und Französinnen nicht viel Wert auf Vorschriften legen. Dass im Lockdown die Regeln munter gebrochen wurden und auf den Formularen mit falschen Adressen und Uhrzeiten geschummelt wurde, ist kein Geheimnis. Und wenn man sich sowieso nicht an die Regeln hält, wieso sollte man sich dann dagegen auflehnen?

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Bildquelle: Unsplash; CCO-Lizenz