Wenn der beste Kumpel eine neue Freundin hat

Wenn der beste Kumpel eine neue Freundin hat

Welcher Mann kennt es nicht? Die abcheckenden Blicke, die Begrüßung, oberflächlich freundlich, doch zwischen den Zeilen ein klares „Wenn du ihr weh tust, hast du ein Problem!“ Es fühlt sich ein wenig wie die Mischung aus Vorstellungsgespräch und ungewolltem Casting an, wenn man die Freundinnen der Freundin trifft. Wirklich entspannt ist man erst, wenn die letzten Küsschen ausgetauscht sind, und man wieder im Freien ist, ohne die Schar von Mädels, die einen unter die Lupe nehmen, als sei man bei der CIA und nicht in der Bar um die Ecke. Doch wie ist das eigentlich bei Männern?

Ich kenne Jonas schon ewig. Ich weiß, was er denkt, bevor er es denkt. Wir können uns streiten, laut und heftig, doch am Ende ist es immer er, dem ich mich anvertraue, dem ich erzähle, was los ist und was ich wirklich denke. Er hält es genau so, eine Nachricht reicht und wir treffen uns in der Bar, die längst nicht mehr hip ist, die aber unsere Bar ist und sich deswegen so wie ein zweites Zuhause anfühlt. Wir reden stundenlang über Diverses. Natürlich auch über seine Frauen. Es ist kompliziert bei ihm, zwischen großer Liebe und großer Enttäuschung liegen oft nur drei Pils, das er konsequent trinkt, auch wenn alle Münchner den Kopf schütteln.

Wenn er uns also seine Neue vorstellt, dann ist es was Ernstes. Wir wissen dann: Wenn sie uns jetzt nicht mag, dann ist das schlecht, weil Jonas jemand ist, der seine Freundinnen überall hin mitnimmt und sie auf einem Konzert selbstverständlich auch dabei ist. Beim letzten Mal also wie immer: Jonas schrieb uns ein wenig förmlich, dass er uns Luise vorstellen wolle.

 

Jungs sind aufgeregter als Mädels

 

Um 8 saßen wir, deutlich zu früh, in einer Bar, in der wir noch nie gewesen waren. Neutrales Terrain sozusagen. Wir, das sind Adri, Leon und ich, bestellen ein Bier und sind ein wenig nervös. Denn das ist ein Trugschluss, dass nur die Mädels aufgeregt sind und die Jungs locker wie immer das Girl des Kumpels abchecken. Ich glaube sogar, dass Jungs aufgeregter als Mädels sind. Denn es ist uns immer wichtig, dass sich Freunde und Partnerinnen verstehen. Ich kenne dagegen viele Frauen, die Freund und Freundinnen klar trennen.

Eine halbe Stunde später kommen Jonas und Luise reingeschneit. „Verdammt“, sagt Leon ein wenig zu laut und gafft in Richtung Tür. Und er hat Recht! An der Seite von unserem Jonas, der manchmal ein wenig unbeholfen wirkt und beim Tanzen gerne mal Drinks auf sein Hemd schüttet, steht ein dunkelhaariges, wunderschönes Mädchen, die ihren Arm auf seinen Rücken legt, während sie ihren Mantel aufhängt.

 

Keiner rülpst, keiner bringt Insider

 

Das allgemeine Hallo fällt verkrampft aus. Jonas bekommt nicht den obligatorischen Schreianfall, als er uns sieht, der uns sonst immer Blicke einbringt. Wir lassen unsere ausgetüftelten Handshakes, die wir immer noch cool finden, die aber eigentlich nur noch Schüler machen. Keiner rülpst, keiner bringt einen der vielen, vielen Insider. Denn wir wollen Luise ja nicht gleich zeigen, wie unreif wir sind und dass wir uns manchmal stundenlang Fail-Videos anschauen und ernsthaft beleidigt sind, wenn wir in FIFA gegeneinander verlieren, sondern wirken wie Jonas‘ coole, belesene, smarte Freunde.

Luise ist auch aus der Nähe wunderschön und wir wissen irgendwie nicht, wie wir damit umgehen sollen, Jonas an ihrer Seite zu sehen. Denn seine letzte Freundin stammte aus unserer Clique und seine vorletzte trank beim ersten Treffen mit uns Tequila aus der Flasche. Hier sitzt ein kluges, schönes Mädchen und keiner traut sich so richtig, seinen schrägen Humor auszupacken.

 

Was muss sie haben, die Neue des besten Buddys?

 

Ich mustere sie von der Seite, versuche irgendwie rauszufinden, was ich von ihr halten soll. Ob sie Jonas Paroli bieten wird, was bei ihm immer wichtig ist, da er manchmal echt einen Tritt in den Arsch braucht, den wir ihm nicht geben können, weil er da auf Durchzug schaltet. Und während wir so dasitzen, smalltalken, überlege ich, wie die Freundin meines besten Freunds denn sein soll. Humorvoll, das auf jeden Fall. Zu gut erinnern wir uns an Anna, die Adri mal mitbrachte, die kein einziges Mal lachte. Was noch? Locker. Damit meine ich, dass sie einfach mit auf eine Party kommt, anstatt ihm das Gehen verbieten zu wollen und dass sie vor Ort nicht an ihm klebt. Und sie soll ihn glücklich machen, klar. Man muss sehen, dass er lacht, wenn er mit ihr zusammen ist. Dann ist auch gar nicht so wichtig, wie wir uns mit ihr verstehen.

Mit Luise ist er glücklich, das sieht man sofort. Er lacht ständig, küsst sie vor uns. Und irgendwann taut dann auch sie auf. Und wir auch. Sie entspannt sich, als sie merkt, dass wir sie nicht kritisch ausfragen und versuchen, sie mit einzubeziehen. Als sie sich ein Bier bestellt, ist endgültig alles gut. Ich weiß, das klingt verdammt simpel, aber irgendwie ist das Bier und das gemeinsame kurze Foppen von Jonas, weil der sein Pils trinkt, der Initiator für einen netten Abend. Sofort nachdem wir sie für sympathisch befunden haben, rückt ihr Aussehen in den Hintergrund.

Als die beiden weg sind, schreibt Jonas mir sofort. „Wahnsinnig sympathisch“, antworte ich. „Und du bist du selbst bei ihr.“ Letzteres ist vielleicht am wichtigsten. Denn wie viele Kerle vergessen ihre infantile Seite an der Seite ihrer Freundin. Niemals sollte es so sein, wie es bei Benni war, der vom lustigen Kerl und guten Kumpel zum markenklamottentragenden Unsympath wurde, nachdem er eine neue Freundin hatte. „Sie ist auch froh, dass ihr so nett seid“, schreibt Jonas. „Nur dass ihr gar nichts Peinliches über mich erzählt habt, hat sie gewundert.“ Wir lachen, als ich den anderen davon erzähle und sicher ist: Das nächste Mal wird alles ausgepackt. Denn Luise gehört jetzt zu uns, weil sie zu Jonas gehört. Und es fühlt sich viel weniger an, als hätte sie bei uns bestanden, als andersherum.