Zauberer Max Schneider

Max, 32, ist zaubernder Gedankenleser

Max Schneider öffnet seinen Zauberkoffer, zum Vorschein kommt ein großes Repertoire an Ringen, Karten, Münzen und Seilen. Für unser Treffen hat der leidenschaftliche Zauberer aber auch einen kleinen Tisch mitgebracht, den er vor mir aufbaut. Er bedeckt den Tisch mit einem Tuch – und lässt ihn fliegen. Was für Max das Normalste auf der Welt zu sein scheint, lässt mich ungläubig und staunend zusehen. Ich will auf der Stelle von Max wissen, wie er das macht – natürlich verrät er mir kein Wort: „Generell ist Trickverrat im Magischen Zirkel eine Straftat. Man darf keine Trickerklärungen an die Öffentlichkeit rausgeben, sonst muss man hohe Geldstrafen zahlen. Wir Zauberer sagen immer: Man muss das Geheimnis bewahren können, sonst stielt man es dem Publikum.“

Trickverrat ist strafbar

Wenn Max zaubert, ist er in seinem Element. Neben bekannten Zaubertricks hat er aber noch viel mehr auf Lager, seine neueste Leidenschaft ist das Gedankenlesen. Viele denken beim Wort Gedankenlesen vermutlich erstmal ganz teenie-mäßig an Edward Cullen aus Twilight, der Gedanken tatsächlich in Form von ganzen Sätzen lesen kann. Oder an Emma Stone aus X-Men und ihre telekinetischen Fähigkeiten. Mir fällt auch gleich die Serie The Mentalist ein, aber ich werde schnell eines Besseren belehrt: „Die Mentalmagie beschäftigt sich mit der Illusion des Gedankenlesens. Ich höre also nicht wirklich Gedanken, sondern lese, was eine Person tun oder sagen wird. Wie das funktioniert, verrate ich aber nicht.“

Die Illusion des Gedankenlesens

Gesagt, getan. Max drückt meiner Kollegin zwei Würfel plus Würfelbecher in die Hand, dreht sich um und fordert sie auf, kräftig zu würfeln. Danach sieht er ihr sehr lange sehr tief in die Augen und liest nur aus ihrem Blick heraus, welche Zahl sie gewürfelt hat. Ohne dass er gesehen hat, wie die Würfel gefallen sind. Wie kann es sein, dass das geht? Die Tricks der Mentalmagier funktionieren wohl durch eine Mischung aus Zauberkunst, Suggestion, Irreführung und geschickter Präsentation. Max besitzt demnach nicht nur eine ausgeprägte Empathiefähigkeit, sondern kann jede noch so kleine Augenbewegung deuten, unsere Körpersprache lesen und sogar unbewusste Gestik und Mimik wahrnehmen – alles harte Übung. Mentalisten wie Max kriechen in unsere Köpfe und versuchen ihre Gedanken mit unseren eigenen gleichzuschalten. Schwer vorstellbar, dass das tatsächlich funktioniert. Tut es aber.

Zauberer Max Schneider

Bildquelle: Max Schneider

„Für die Bühne geschaffen“

Max ist in einer sehr zauber-affinen Familie aufgewachsen. Seinen ersten Kontakt mit der Zauberei hatte er mit gerade einmal neun Jahren, mit elf hatte er bereits einige Wettbewerbe gewonnen, darunter die Deutschen Jugendmeisterschaften für Zauberkunst. Der gebürtige Niederbayer stand damals in Lederhosen als bayerischer Lausbua auf der Bühne und brachte sein Publikum zum Lachen. „Meine Mutter hat schon immer gesagt, dass ich für die Bühne geschaffen bin und es war ein gelungener Start in die Welt der Zauberei und Magie.“ Während seiner Schulzeit hat er nebenbei eine Ausbildung an der Zauberschule in Pullach absolviert, nach seinem Abitur hat Max Dramaturgie und Schauspielerei an der Theaterakademie August Everding in München studiert. Heute zählt er sich selbst zu einem der ungefähr 60 Zauberern auf Profiniveau im Raum München. Wenn Max heute zurückdenkt, hat ihm die Zauberei seinen Bildungsweg sehr erleichtert. „Zauberei war für mich immer der spielerische Zugang zu allen Dingen. Ich habe über die Zauberei Englisch gelernt, Französisch gelernt, ich bin auf die Leute zugegangen. Alles wird sehr leicht, sobald ich mich auf den spielerischen Prozess einlasse. Wir brauchen diesen bewertungsfreien Raum, den die Zauberei uns ermöglicht. Auf der Bühne kann ich mich ausleben, das bereitet mir Freude.“ Für ihn hängen Bildung und Zauberei untrennbar zusammen.

„Bildung und Zauberei gehören zusammen“

Das heutige Schulsystem ist nicht nur sehr stark leistungsorientiert, der Druck auf junge Schüler ist so hoch, dass sie unter permanentem Stress leiden. Max ärgert es, dass das heutige Schulsystem sich rein an den wirtschaftlichen Bedingungen der Erwachsenen orientiere. „Das ist eine der schlimmsten Entwicklungen unserer Zeit, den Menschen auf die Ökonomie zu reduzieren.“ In seiner Zaubererfunktion tritt er oft an Schulen auf, gibt Schauspiel- und Theaterworkshops für Schüler und Lehrer und betreut pädagogische Schulprojekte. „Talent basiert nicht etwa auf Genetik, sondern auf guten Erfahrungen, deshalb zaubere ich so gerne in Schulen. Zauberei passt sehr gut, um den Schulalltag aufzulockern, das begeistert die Kinder und diese Begeisterung brauchen wir in der Schule.“

Zauberer Max Schneider

Bildquelle: Marc Gilsdorf

Close-up-Magie: Zauberei zum Anfassen

Der Kontakt zu Kindern ist Max sehr wichtig, überhaupt liebt er es, neue Leute kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Sei es auf geschlossenen Veranstaltungen, bei denen er sich von Tisch zu Tisch zaubert, oder auf der großen Bühne, der Zauberer versucht immer, sein Publikum miteinzubinden. Viele Zaubertricks passieren direkt in den Händen der Zuschauer. Die Magie greifbar machen – das ist sein großes Anliegen. Jede seiner Zaubershows ist einzigartig und auf den individuellen Anlass zugeschnitten.

Der Zauberalltag ist voll

Der Zauberer ist ganzjährig viel auf Reisen, immer voll ausgebucht mit Zaubershows, Schauspielprojekten und Auftritten bei Messen, Hochzeiten oder Firmenveranstaltungen. Weil Max so ein Allround-Talent ist, gibt es bei ihm keine terminlichen Durststrecken. Trotzdem weiß er, dass es auch anders sein kann und ihm der Zaubererberuf keine Sicherheit bieten kann. „So ein Künstlerleben ist ein ganz anderes Leben als ein Bürojob von neun bis 16 Uhr. Da haben wir uns zu entscheiden und es gibt gute Gründe, die für das Zaubern stehen. Ich will mit 60 nichts bereuen, was ich nicht versucht habe. Es braucht eine Art Grundvertrauen in meine Zauberei. Es wird Zeiten geben, da sind viele Auftritte und Zeiten, da sind es weniger. Solange ich mich vor dem Publikum authentisch zeige, wird es immer Leute geben, die ich damit anspreche. Da setze ich alles auf eine Karte.“ Bei so vielen Terminen, bleiben Familie und Freunde da nicht auf der Strecke? „Ich bin derzeit single und plane auch so schnell keine Familie, da mache ich mir keinen Zeitdruck. Außerdem muss ich mich ja schon um mein eigenes inneres Kind kümmern! Und meine Künstlerfreunde verstehen meine Situation, bei ihnen ist es ja nicht anders.“

Max ist mit seinem Leben in der Welt der Zauberei völlig zufrieden. Etwas anderes könnte er sich nicht vorstellen. „Ich bin für die Bühne geschaffen, setz mich mal vor nen Computer, dann merkst du was ich meine. Es gibt keinen Tag, an dem ich genervt bin, dass ich auftreten muss. Noch nie.“

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Titelbild: Dennis König