Das Klischee des „Muttersöhnchens“: Söhne wohnen länger daheim als Töchter

Im Elternhaus wohnen mit 25? Für viele unvorstellbar. Doch mehr als ein Viertel der 25-Jährigen in Deutschland lebten im letzten Jahr noch bei ihren Eltern. Nach wie vor bleiben Söhne länger zu Hause wohnen als Töchter. Bestätigt sich das Klischee des Muttersöhnchens? 

Ob aus dem Wunsch nach mehr Selbstständigkeit oder aufgrund des Studienbeginns in einer anderen Stadt – für viele junge Menschen gehört zum Erwachsenwerden früher oder später auch der Auszug aus dem Elternhaus. Das Durchschnittsalter beim Auszug liegt in Deutschland geschlechterübergreifend bei 23,8 Jahren, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Söhne ließen sich mit dem Auszug mehr Zeit als Töchter: Während junge Frauen mit durchschnittlich 23,0 Jahren ihr Elternhaus verlassen, sind Männer bei ihrem Auszug im Durchschnitt 24,5 Jahre alt. Insgesamt lebte im Jahr 2022 mehr als ein Viertel der 25-Jährigen noch bei ihren Eltern. Bei den 30-Jährigen lag der Anteil bei 9,2 Prozent.

Das Ende des „Nesthocker“-Trends

Im europaweiten Vergleich ist das durchschnittliche Alter beim Auszug mit 23,8 Jahren vergleichsweise niedrig. Der EU-Schnitt liegt bei 26,4 Jahren. Am frühesten ziehen junge Menschen in nordeuropäischen Ländern von zu Hause aus. In Finnland (21,3 Jahre), Schweden (21,4 Jahre) und Dänemark (21,7 Jahre) war das durchschnittliche Auszugsalter am niedrigsten. Im Gegensatz dazu verlassen Kinder in süd- und osteuropäischen Ländern ihr Elternhaus vergleichsweise spät. Das Schlusslicht bildet Kroatien mit einem durchschnittlichen Auszugsalter von 33,4 Jahren, gefolgt von der Slowakei (30,8 Jahre) und Griechenland (30,7 Jahre).

Seit fünf bis sechs Jahren ziehen junge Erwachsene in Deutschland früher aus. Und das obwohl es zu wenig bezahlbaren Wohnraum gibt und die Lebenshaltungskosten stark gestiegen sind, stellt Sozialforscher Klaus Hurrelmann fest. Die Zeit der „Nesthocker“ in Deutschland sei vorbei. Ein Grund für den Mentalitätswandel könnte ihm zufolge darin bestehen, dass junge Menschen heute spezifische Wünsche bezüglich Ausbildung und Beruf haben und sich diese eher nicht am Wohnort der Eltern verwirklichen lassen. Die Entwicklung habe nichts mit einem schlechteren Verhältnis zu tun, im Gegenteil: „Die sehr gute Beziehung zu den Eltern bleibt bestehen“. Es handelt sich eher um ein Signal, dass Selbstständigkeit wieder größer geschrieben wird, so Hurrelmann. Wird das Klischee des Muttersöhnchens damit widerlegt?