Tabea und Marian von #notjustdown

„Menschen mit Behinderung werden diskriminiert“ – Interview mit Tabea von #notjustdown

Heutzutage könnte man annehmen, unsere Gesellschaft ist größtenteils aufgeklärt und offen, in Zeiten des Internets könnte man auch sagen: woke. Bei genauerem Hinsehen merkt man aber: Es gibt noch ziemlich viel Nachholbedarf. Eine ganz schön große Baustelle: Inklusion. Um auf das Thema und besonders auf das Leben von und mit Menschen mit Down-Syndrom aufmerksam zu machen, haben Tabea und ihr Bruder Marian, der selbst das Down-Syndrom hat, 2017 den Blog #notjustdown gegründet. Ihre Botschaft: „Das Leben mit Down-Syndrom ist alles andere als down!“ 

Angefangen als Blog, ist Instagram mittlerweile ihre Hauptplattform. „Dort teilen wir am meisten von unserem Alltag, klären zu bestimmten Themen auf, tanzen Tänze zu guter Musik und lassen uns von unserer großartigen Community mit vielen Tausend Follower*innen ein Stück begleiten“, sagt Tabea. „Ein bis zwei Mal im Jahr öffnen wir unseren Pop-Up-Onlineshop auf unserer Website! Dort gibt es T-Shirts zu kaufen, die per Siebdruck mit Zeichnungen von Marian bedruckt werden!“(Wenn ihr Interesse habt: Vom 01.-03.10.2021 öffnet der Shop wieder.) 

Menschen mit Behinderung sichtbar machen 

Entstanden ist das Projekt im Rahmen von Tabeas Masterarbeit im Fach Medienwissenschaft. Schon zu Beginn ihres Studiums wusste sie, dass sie sich mit den Themen Inklusion, Behinderung und Down-Syndrom auseinandersetzen möchte, natürlich angeregt durch ihren Bruder Marian. Marian, meistens nur Mari genannt, ist 1997 als letztes von drei Kindern geboren – und seitdem unverzichtbarer Teil der Familie. Gerade deshalb wollen sie ein stärkeres Bewusstsein für Menschen mit Down-Syndrom schaffen und der Welt zeigen, wie lebenswert eine Welt mit Menschen wie Mari ist. 

Der Wunsch der beiden: Menschen mit Behinderung sollen nicht auf ihre Defizite reduziert werden. Stattdessen sollen anderen Menschen ihre Berührungsängste genommen und verdeutlicht werden, dass Menschen mit Behinderung ein selbstverständlicher und kein bloß geduldeter Teil der Gesellschaft sind – wie jeder und jede andere auch. Helfen kann dabei jede*r einzelne: Durch Offenheit, Neugier und das Interesse, über den eigenen Tellerrand zu schauen. 

Tabea (l.) und ihr kleiner Bruder Marian (r.); Bild: #notjustdown

Reaktionen bekommen sie bisher und schon seit Beginn an nur positive. „Bis wir angefangen haben, gab es kein anderes vergleichbares Projekt und vor allem keinen Blog oder Kanal, der aus der Geschwisterperspektive geführt ist.“ Seit 2017 habe sich einiges getan. „Menschen mit Down-Syndrom/mit Behinderung sind auf Social Media präsenter geworden, was toll ist. Womöglich haben wir ein kleines bisschen dazu beigetragen.“ 

Erste Begegnung 

Wenn man die zwei Geschwister heute sieht, glaubt man es gar nicht, aber: Die allererste Begegnung mit Marian war für Tabea alles andere als leicht. „In der Nacht bevor Marian geboren wurde, hatte ich einen Albtraum. […] Ich träumte von meinem kleinen, neugeborenen Geschwisterchen, das keine Arme und keine Beine hatte. Ein schlimmer Albtraum für eine 7-Jährige. Als ich dann morgens in aller Frühe aufwachte und in der Küche meinen völlig fertigen Vater traf, der mir sagte, mit dem Baby sei etwas nicht in Ordnung, riss es mir den Boden unter den Füßen weg. Diese Information war für mich quasi nicht zu verarbeiten, denn sie passte absolut nicht in mein Weltbild. Ich hatte mir doch alles schon so genau ausgemalt. […] Und jetzt war etwas nicht in Ordnung?“