Peter Lustig Nachruf Kinder Fernsehen

Peter Lustig: Es ist der falsche Zeitpunkt, die Schlagzeile „Kinderhasser“ auszugraben

Hannah Frontzek

Wer bei den ersten drei Tönen des Sendungsintros von „Löwenzahn“ grinsen muss, gehört zu den Personen, die mit dem forschenden Latzhosenträger groß geworden sind. Peter Lustig, einer der Kinderhelden unserer Generation, ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Als Hauptfigur der Wissenssendung „Löwenzahn“ und Kinderbuchautor hat der gelernte Rundfunktechniker uns schon in jungen Jahren mit Spiel und Spaß Wissen weitergegeben.

Was nun bleibt, sind die Erinnerungen an zahlreiche Stunden, die wir vor dem Fernseher verbracht haben und seine lehrreichen und unterhaltsamen Entdeckungen gespannt verfolgt haben.

 

Und plötzlich steht man als Kinderhasser da

 

Er war Vater, Großvater und Moderator einer Kindersendung – genau diesem Mann wurde vorgeworfen, Kinder zu hassen. Und das alles dank einem Gerücht, das seit 2002 in den Medien kursierte. Bis jetzt: Kai Biermann, Redakteur der Zeit, hat aufgeräumt und sich offiziell bei Peter Lustig entschuldigt. Die Frage ist allerdings, ob dieses Eingeständnis zu spät kam. In einem privaten Brief hat sich der Autor bereits vor mehreren Jahren bei dem Opfer des Gerüchts entschuldigt, in den Medien erschien die Auflösung des Gerüchts allerdings erst jetzt – nach dem Tod des Moderators.

Wieso tauchen direkt nach dem Tod einer in der Öffentlichkeit stehenden Person Fakten und Gerüchte in den Medien auf? Gäbe es nicht einen besseren Zeitpunkt für solche Enthüllungen? Wie es zu dem für Peter Lustig verheerenden Gerücht kommen konnte, erklärte Kai Biermann nun in einer Entschuldigung, die auf zeit.de erschien. Ihm zufolge wurde Peter Lustig diese Anschuldigung in den Mund gelegt, er hatte diese Aussage nie so ausgesprochen.

„Beim Schreiben des Protokolls verfälschte ich nichts, ich wollte ihn zeigen, wie ich ihn erlebt hatte: offen, uneitel, ehrlich. Aber ich erkannte nicht, welche Gefahr sich in seinen Worten verbarg. Ich sah nicht, dass man ihn missverstehen konnte.“, lauten Biermanns Worte.

Das Interview vom Oktober 2002 veröffentlichte der Journalist mit Peter Lustigs eigenen Worten. Daraufhin wurden seine Kommentare zu Kindern ganz anders wiedergegeben. So entstand der Skanal, ein Aufschrei folgte. Peter Lustig, der Kinderliebhaber hasst also Kinder!

 

Ein Gerücht wird nach Jahren aufgeklärt

 

Die Zeile „Peter Lustig – ich kann Kinder nicht leiden“ wurde von der Bild am Sonntag sofort nach der Veröffentlichung von Biermanns Text in einem eigenen Artikel geschrieben. Die erste Assoziation, die die Mehrheit der Leser und Journalisten mit der Nachricht von Peter Lustigs Tod verbinden, ist dieser Skandal. Aber ist der Skandal nicht viel mehr, dass dieses Gerücht dem Kopf einer berühmten Kindersendung in den Mund gelegt wurde, obwohl er das so nie gesagt hatte? Wie Kai Biermann ganz richtig bemerkte, kann Ironie auf dem Blatt nicht unbedingt so bei dem Leser ankommen, wie ursprünglich intendiert. Der Autor wollte Peter Lustig damit keine Steine in den Weg legen, sondern ihn als seinen Helden und Vorbildfigur darstellen. Doch das wäre ja nicht das erste Mal, dass einer Person die Worte im Mund umgedreht werden und diese Aussage dann lang und breit durch die Medien gezogen wird.

Beendet wurde der Artikel Biermanns zur Aufklärung des Gerüchts mit einer öffentlichen Entschuldigung an Peter Lustig. Wenige Stunden später wurde der Text aktualisiert mit einer Antwort auf die Frage, warum sich Kai Biermann erst jetzt dazu entschieden hat, aufzuklären. Die knappe Begründung bestand daraus, dass er nicht geahnt hatte, welche Reichweite und Auswirkung dieser Artikel von 2002 haben würde.

Sollte man nicht als Journalist am besten wissen, dass sich in den Medien solche Zitate wie Feuer ausbreiten?