Pornokonsum zerstört Liebesleben: Warum junge Männer im Bett versagen
Eine Leserin wendet sich mit einem sehr persönlichen Problem an den Paarberater Christian Thiel, der ihre Frage in der WELT beantwortet: Seit zwei Monaten ist sie in einer Beziehung mit einem Mann, doch im Bett funktioniert es einfach nicht. Trotz ihrer sexuellen Anziehung und dem gemeinsamen Wunsch nach Sex, kann er keine Erektion bekommen. Die Leserin ist geduldig, doch sie fragt sich, ob das Problem anfangs einfach nur Nervosität war oder ob es eine tiefere Ursache gibt. Sie erklärt, dass sie bislang nur Oralsex hatten, was auch schön sei, aber sie den „normalen“ Sex mit Penetration vermisse.
Der Partner der Leserin hat ihr anvertraut, dass er seit vielen Jahren regelmäßig Pornos konsumiert und dabei häufig masturbiert. Erst seit zwei Monaten verzichtet er auf Pornos und Selbstbefriedigung, in der Hoffnung, dass dies sein Problem löst. Er hat ihr auch erzählt, dass er bisher nur drei- bis viermal Penetrationssex mit Hilfe von Viagra hatte, aber dabei nie zum Orgasmus kam. Wenn er allerdings alleine ist, hat er keine Schwierigkeiten, eine Erektion zu bekommen. Die Leserin fragt sich nun, ob sie einfach mehr Geduld haben sollten oder ob es Zeit für eine professionelle Beratung wäre.
Pornokonsum und Performancedruck
Christian Thiel weist in seiner Antwort darauf hin, dass dieses Problem zunehmend bei Männern der sogenannten „Generation Porno“ zu beobachten sei. Vor ein paar Jahren ist das Thema in der Paarberatung noch selten gewesen, doch mittlerweile melden sich regelmäßig Frauen mit ähnlichen Problemen. Thiel beschreibt, dass Männer heutzutage oft rund 15 Jahre Pornokonsum hinter sich haben, was etwa 4.500 Mal Masturbation entspreche. Demgegenüber stehen bei dem Partner der Leserin nur vier Versuche von partnerschaftlicher Sexualität, und diese sind auch noch durch die Einnahme von Viagra unterstützt worden. Laut Thiel sei dies bereits ein klares Anzeichen, dass der Mann ein ernsthaftes Problem habe, das professioneller Hilfe bedürfe.
Der Berater erklärt weiter, dass der exzessive Konsum von Pornografie bei vielen jungen Männern zu einem hohen Performancedruck führe. Dieser äußert sich darin, dass Männer ihre Sexualität nicht genießen könnten, sondern sich ausschließlich auf ihre „Leistung“ konzentrieren. Leider reagiert die männliche Erektion auf diesen Druck oft mit einem Zusammenbruch. Dieser Druck ist in vielen Fällen nicht nur durch den Pornokonsum, sondern auch durch gesellschaftliche Erwartungen verstärkt, dass Männer immer leistungsfähig sein müssen.
Selbstbefriedigung und Erektionsprobleme
Ein weiteres Problem ist, dass häufige Masturbation unter harten Reizen – wie sie beim Pornokonsum vorkommt – dazu führen kann, dass der Penis nur auf sehr intensive Stimuli reagiert. Thiel zitiert hierzu eine Kollegin, die sagt: „Keine Vagina ist so hart wie die linke Faust eines Mannes“. Viele Männer könnten beim Geschlechtsverkehr nichts spüren, da ihr Körper und Gehirn auf die extremen Reize der Masturbation konditioniert seien. Auch Frauen können ähnliche Schwierigkeiten haben, wenn sie sich an stark stimulierende Formen der Selbstbefriedigung gewöhnt haben.
Der Paarberater ermutigt die Leserin, sich auf eine Umstellung einzulassen, die jedoch Zeit und Geduld erfordert. Der Penis des Mannes muss lernen, sich wieder an normale Berührungen zu gewöhnen, und das Gehirn braucht Zeit, um sich von den gewohnten Reizen zu entwöhnen. Dieser Prozess kann Monate dauern, und es ist wichtig, in dieser Zeit jeglichen Druck zu vermeiden.
Geduld und Gelassenheit als Schlüssel
Thiel rät der Leserin und ihrem Partner, sich beim Geschlechtsverkehr nicht auf Penetration oder einen Orgasmus zu fokussieren, sondern das Gefühl des Miteinanders zu genießen. Er schlägt vor, dass der Mann den Penis einfach in der Vagina ruhen lässt, ohne sich um seine Erektion zu sorgen. Es sei nicht wichtig, ob er steif bleibe oder nicht, sondern es gehe darum, eine neue Form der Sexualität zu entdecken, die nicht von Leistung oder Druck geprägt sei. Der Paarberater betont, dass Männer, die mit ähnlichen Problemen zu ihm gekommen sind, es in der Regel geschafft hätten, ihre Sexualität neu zu entdecken und eine normale partnerschaftliche Sexualität zu entwickeln.
Der Weg aus dieser Problematik hängt laut dem Paarberater vor allem von der Einsicht des Mannes in sein Problem und der Bereitschaft zur Veränderung ab. Christian Thiel ist zuversichtlich, dass der Partner der Leserin bereits den ersten Schritt gemacht hat, indem er das Problem offen kommuniziert hat. Dies sei ein gutes Zeichen, dass sie gemeinsam eine Lösung finden könnten.
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Bild: Vecteezy; CC0-Lizenz