Präkrastination: Kein Tippfehler, sondern ein ganz eigenes Phänomen

Sie ist die nicht weniger toxische Schwester der Prokrastination: Die Präkrastination. Während die erste lieber alles auf den allerletzten Drücker macht, kann es der zweiten nie schnell genug gehen.  

Wenn Prokrastination ist, sich lieber die über 1.000 Episoden eines „One Piece“ anzuschauen, bevor man mit dem Schreiben an seiner Bachelorarbeit anfängt, dann ist Präkrastination, sich bereits im ersten Semester Gedanken zum Thema zu machen und schon mal passende Literatur herauszusuchen. Die beiden Herangehensweisen könnten unterschiedlicher kaum sein, dennoch führen sie zu dem gleichen Ergebnis – Stress.

Was genau ist Präkrastination?

Es geht nämlich nicht darum, etwas innerhalb eines sinnvollen Zeitrahmens zu erledigen: Präkrastinieren bedeutet, eine Aufgabe einfach nur so schnell wie möglich von der To-Do-Liste streichen zu wollen – selbst dann, wenn diese gar nicht so dringlich ist, dass sie sofortiges Handeln erfordert oder durch das frühere Anfangen sogar noch schwerer wird.

Das Eimer-Experiment

Dies wurde sogar in einer vom US-amerikanischen Psychologen David A. Rosenbaum an der staatlichen Universität in Pennsylvania durchgeführten Studie bestätigt: In einem Experiment sollten Studierende einen von zwei Eimern, die sich jeweils links und rechts von ihnen befanden, bis zum Ende eines langen Gangs tragen, ohne ihn zwischendurch abzusetzen – dieser Vorgang wurde mehrmals wiederholt. In den meisten Fällen war einer der beiden Eimer näher am Zielort als der andere. Die schlaueste Vorgehensweise wäre es also gewesen, am weiter entfernten Eimer vorbeizulaufen und stattdessen den Eimer aufzuheben, der über eine kürzere Distanz hinweg getragen werden muss.

Zur Überraschung Rosenbaums trugen die Teilnehmenden jedoch lieber den Eimer bis zum Ziel, der dem Startpunkt – und somit ihnen – am nächstgelegenen war. Selbst nachdem Rosenbaum und sein Team diesen Eimer mit mehreren Kilogramm Münzen befüllten, änderte sich nichts an ihrem Verhalten. Die Studierenden zogen es also vor, möglichst früh mit der Tätigkeit zu beginnen – selbst dann, wenn es unterm Strich mehr Arbeit für sie bedeutete. Dieses Phänomen nannten die Forscher*innen in der Studie „Pre-Crastination“.

Welche Folgen das haben kann

Das Gefühl, dass man ja noch etwas erledigen muss, ist kein schönes: Es ist also vollkommen verständlich, dass man manche Dinge möglichst schnell abhaken will – sowohl auf dem Papier als auch mental. Fixieren wir uns allerdings zu sehr darauf, kann das zu unnötigem Stress führen und einen negativen Einfluss auf das Endergebnis haben.

Solltest du also Probleme mit Präkrastination haben, dann mach dir folgendes bewusst: Nicht alles kann oder muss immer sofort erledigt werden und manche Dinge können sogar davon profitieren, erstmal nach hinten verschoben zu werden. Das soll aber noch lange kein Freifahrtschein fürs Prokrastinieren werden.

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Bildquelle: energepic.com via Pexels, CC0-Lizenz