Das Bild von Mann und Frau basiert auf Stereotypen

Von Rittern und Prinzessinnen: Wie Stereotype uns prägen

Mädchen wollen Prinzessin sein, während die Jungs in Ritterrüstung sie beschützen. Vielleicht weinen sie ab und zu und Jungs tun das auch – aber nur heimlich. Stereotype bestimmen unseren Alltag und sind überall.

Ich schreibe gerade meine Bachelorarbeit über Rollenbilder in den Sozialen Medien. Ich kann es manchmal selbst kaum glauben, wenn ich mir die Literatur darüber durchlese. Gut, dass ich nicht so bin, denke ich und würde mir fast am liebsten selbst anerkennend auf die Schultern klopfen. Bis ich mir mein Instagram-Profil ansehe und merke, dass ich genau das gleiche tue: Stereotypen reproduzieren.

„Die sympathisch Naive“ heißt ein Stereotypenbild, in dem vor allem Frauen sich häufig in den Sozialen Medien inszenieren. Sie hat wie zufällig ihr Bein überkreuzt und lächelt mit verspieltem Blick, während „Die schöne, beiläufig Fotografierte“ oft in die Ferne oder leicht über die Schulter sieht. Beide verkörpern traditionelle Vorstellungen von Weiblichkeit, bei denen Unbeschwertheit und Schönheit im Vordergrund stehen.

Und beides auch Bilder, die sich auf meinem Profil befinden. Auf neun Bildern blicke ich leicht über die Schulter, auf fünf habe ich das Bein überkreuzt. Auf acht Fotos habe ich einen auffordernden, fixierten Blick in die Kamera, auf fast allen ist meine Hand in Haar oder Gesicht. Diese Charakteristika gehören zum dritten Typen der Selbstinszenierung: Der „Erotisch Attraktiven“. Aber wo kommen diese Stereotype her und wo finden wir sie noch?

Beginnen wir ganz früh: denn Stereotype verstecken sich schon im Spielzeug für Kinder. Während Mädchen mit Barbie-Puppen spielen, gehört den Jungs das Polizeiauto. Es gibt Jungs-Tee für „freche Bübchen“ und Mädchen-Tee für „süße Püppchen“, pinke Schnuller mit der Aufschrift „Drama Queen“ und blaue mit „Bad Boy“. Kinder lernen früh, was es bedeutet Mädchen oder Junge zu sein. Und so haben Stereotype einen direkten Einfluss auf die Identitätsbildung und konstruieren eine Wirklichkeit, die mit der Realität nicht mehr viel zu tun hat.

Gender-Marketing ist voll von Stereotypen und traditionellen Rollenbildern

Kinderbücher erklären uns, was Jungen und Mädchen sind

Auch ich wollte als Kind immer am liebsten Fee, Prinzessin oder Turnerin sein. Letzte Woche habe ich meine alten Kinderbücher aus dem Keller gekramt. Die beiden Protagonist*innen Lisa und Ben spielen verkleiden: Lisa will eine Prinzessin sein, Ben der Ritter. Das passt auch zu den Stereotypen, die den beiden Geschlechtern zugeordnet werden. Jungen sind aktiv, laut und wild, Mädchen sind hingegen einfühlsam, sozial kompetent und passiv.

Auch in der Schule begegnete ich vielen Stereotypen. In Sport wurden die Mädchen nie gewählt, obwohl viele von uns schneller waren und weiter werfen konnten als die Jungs. In Mathe war ich immer schlecht, aber das war okay so, denn ich war ja ein Mädchen. In Deutsch war mein bester Freund dafür schlecht, aber war klar, denn er war ja ein Junge. In der Mittelstufe wurden nur die Mädchen beachtet, die dem weiblichen Schönheitsideal entsprachen.

Und das ist heute letztendlich nichts anderes. Auf Instagram haben vorrangig die Influencer*innen Erfolg, die dem normierten Schönheitsstandard entsprechen. Das heißt: dünn und langhaarig. Frauen zeigen sich überwiegend im privaten Raum, während sie ihren Hobbies wie Basteln, Kochen oder Mode nachgehen. Männer behandeln auf Social Media deutlich mehr Themen, ihr Handeln deklarieren sie oftmals als professionelles Können. Das sind Ergebnisse der Studie „Weibliche Selbstinszenierung in den neuen Medien“.

Stereotype Inhalte haben eine große Auswirkung

Diese stereotypen Darstellungen können gravierende Folgen auf die Selbstwahrnehmung und das Körperbild der Nutzer*innen haben. Das wiederum kann Krankheiten wie Anorexie oder Depression verursachen. Eine Studie von Plan International ergab außerdem: je intensiver junge Menschen die Sozialen Medien nutzen, desto stärker denken sie in stereotypen Rollenbildern. So finden 57 Prozent der Männer, die Instagram & Co. regelmäßig nutzen, dass Hausarbeit immer noch Frauensache sei.

Es ist wünschenswert, traditionelle Rollenbilder aufzubrechen und ich bin mir sicher, dass ein Bewusstsein über die Wirkmacht von Stereotypen und Medien einen Beitrag dazu leistet. Trotzdem sind wir alle Opfer der Gesellschaft, in der wir aufgewachsen sind. Und sind wir mal ehrlich: wer hat noch nicht einmal zumindest darüber nachgedacht, den Bauch auf seinem nächsten Bild ein bisschen flacher und die Haut mit einem Filter ein bisschen reiner zu machen.

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Bildquelle: Magda Ehlers von Pexels; CC0-Lizenz