Bei der Schlafparalyse ist einem die Lähmung bewusst

Da sind Monster unter meinem Bett: Leben mit Schlafparalyse

Eine Schlafparalyse fühlt sich an, als ob man in seinem eigenen Albtraum gefangen wäre. Aber was genau ist das eigentlich?

Es ist fast ganz dunkel im Raum, meine Nachttischlampe ist noch an. Die lasse ich fast immer brennen, denn Dunkelheit heißt: Raum für Fantasie. Kurz nach dem Einschlafen schrecke ich hoch, neben meinem Bett steht eine Frau mit aschfahler Haut. Ihre Haare hängen in grünen Zotteln von ihrem Kopf herab. Sie macht ein paar Schritte auf mich zu. Neben mir liegt mein Freund, aber er ist plötzlich so weit weg, wie durch einen Schleier von mir getrennt. Die Frau kommt näher, ich werde panisch, ihr Gesicht ist zu einer Fratze verzerrt. Ich will weg, kann mich aber nicht bewegen. „Alles ist gut, alles ist gut“, höre ich meinen Freund plötzlich immer wieder sagen und komme langsam zu Bewusstsein. Mein Herz rast, ich bin noch ein bisschen verwirrt – aber die Frau mit den grünen Haaren ist verschwunden. Denn sie war nicht echt.

Der Geist ist wach, der Körper nicht

Ich hatte eine Schlafparalyse, eine Schlafstörung, von der geschätzte acht Prozent der Bevölkerung betroffen sind. Unter Student*innen sollen es laut Umfragen sogar um die 30 Prozent sein. Bei einer Schlafparalyse ist der Geist wach, der Körper hingegen gelähmt. Begleiterscheinungen können visuelle, taktile oder akustische Halluzinationen sein.

Die Lähmung per se ist nichts Ungewöhnliches. Unser Schlaf besteht aus unterschiedlichen Stadien. In der ersten Phase kommt es zum Übergang vom Wachzustand in den Schlaf, in der zweiten Phase entspannt sich unsere Muskulatur, während in der dritten der Tiefschlaf folgt. Im anschließenden REM-Schlaf (Rapid-Eye-Movement) bewegen sich die Augen, die Hirnaktivität ist erhöht, wir träumen. Damit es nicht zu unkontrollierten Bewegungen kommt, setzt eine Lähmung in der Skelettmuskulatur ein. Normalerweise ist sie weg, wenn wir wach werden. Dauert sie jedoch bis in den Wachzustand an, spricht man von einer Schlafparalyse.

Es fühlte sich an wie eine kleine Ewigkeit

Erst gestern hatte ich eine Schlafparalyse, die sich besonders intensiv angefühlt hat. Ich habe mich nach der Uni kurz hingelegt, viel geträumt – wirres Zeug wie immer. Irgendwann wurde ich wach. Ich habe meine Mitbewohnerinnen in der Küche sprechen gehört, die blauen Muster auf meiner Bettdecke gesehen. Nur bewegen konnte ich mich nicht. Gelähmt lag ich da und habe meine gesamte Willenskraft eingesetzt, um wach zu werden. Es konnte sich nur um Sekunden oder Minuten gehandelt haben, fühlte sich aber an wie eine kleine Ewigkeit. Oft sind solche Momente auch mit Angst verbunden. Das Gefühl der Lähmung macht Panik, manchmal denke ich, mein Herz bleibt stehen oder die Atmung setzt gleich aus.

Die Ursachen sind vielseitig

Eine einzige Ursache für die Schlafparalyse gibt es nicht. Sie kann in jedem Alter, auch einmalig, auftreten. Es gibt jedoch bestimmte Faktoren, die die Schlafstörung begünstigen. Die AOK fasst auf ihrer Webseite zusammen:

  • Schlafentzug
  • unregelmäßiger Schlaf-wach-Rhythmus (z.B. durch Jetlag oder Schichtarbeit)
  • Stress
  • Ängste, psychischer Stress
  • Panikstörungen
  • Krampfanfälle
  • affektive Störungen wie etwa Depressionen
  • Einnahme von Anxiolytika (Medikamente gegen Angststörungen)
  • ein hoher Neurotizismus Score (erhöhte Neigung zu unter anderem Nervosität, Unsicherheit, Reizbarkeit)
  • Symptom einer Narkolepsie

Ob einer dieser Punkte bei mir zutrifft, weiß ich nicht. Einen Zusammenhang zwischen Stress und Paralysen konnte ich bisher nicht wirklich beobachten. Die Lähmungen und Halluzinationen kommen, wann sie wollen. Manchmal sogar mehrmals in einer Nacht. Ich sehe dann Fäden, die von der Decke hängen, Schläuche, die an mir angeschlossen sind oder Gestalten, die auf meiner Bettkante sitzen und ihre Hand nach mir ausstrecken.

Was kann man dagegen tun?

In der Regel benötigen Betroffene der Schlafparalyse keine Therapie. Am wichtigsten ist das Bewusstsein darüber, dass die Lähmungen – seien sie subjektiv noch so bedrohlich – nicht gefährlich sind. Helfen können Yoga, Stressbewältigungsstrategien oder gedimmtes Licht am Bett. Auch die Rückenlage sollte vermieden werden, da sie Schlafparalysen begünstigen kann.

Kunst, Kultur und Rezeption

Das Phänomen der Schlafparalyse hat auch in Kunst und Kultur Eingang gefunden. Im alten Rom wurden so beispielsweise Schuldgefühle für die Schlafparalyse verantwortlich gemacht. Sehr verbreitet war auch die Vorstellung eines Dämons, der auf der Brust des Schlafenden sitzt. In Europa bekannt war vor allem der sogenannte Nachtalb. Auch auf TikTok, Reddit und Co. findet die Schlafparalyse mittlerweile immer mehr Aufmerksamkeit.

Der Nachtmahr von Johann Heinrich Füssli (1781)

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Bildquelle: Ivan Oboleninov von Pexels; CC0-Lizenz