Affäre

Schockierende Wahrheiten: Was alles hinter einer Affäre stecken kann

Der Paar- und Sexualtherapeut Ulrich Clement räumt mit einem weit verbreiteten Missverständnis auf: Nicht jede Affäre weist zwingend auf Probleme in der Hauptbeziehung hin. Diese Perspektive, die er in seinem Buch „Wenn Liebe fremdgeht“, welches bereits die zehnte Auflage erreicht hat, detailliert darlegt, stellt eine Herausforderung für das konventionelle Verständnis von Treue und Untreue dar.

Die Dynamik des Fremdgehens

Clement betont in einem Interview mit der FAZ, dass es verschiedenste Gründe für das Fremdgehen gibt. Häufig seien es nicht die offensichtlichen Mängel in der Beziehung, sondern spontane Verführungen oder eine unerwartete Faszination für eine andere Person, die zu einer Affäre führen können. Solche Situationen entstehen oft aus einer Kombination von „Fernweh“ und „Heimweh“: Fernweh beschreibt das Gefühl, von den Einschränkungen der eigenen Beziehung eingeengt zu sein. Heimweh hingegen meint die tiefe emotionale Erfahrung, in einer Affäre endlich verstanden zu werden. Diese Gefühle entstünden häufig erst in der Dynamik der neuen Begegnung und seien zuvor nicht als Mangel empfunden worden.

Emotionaler Umgang mit einer Affäre

Die emotionale Verarbeitung einer Affäre ist laut Clement eine der größten Herausforderungen für die Betroffenen. Er mahnt, persönliche Schuldzuweisungen zu vermeiden. Stattdessen solle man sich auf die eigene emotionale Heilung konzentrieren. Obwohl der initiale Schmerz tief und überwältigend sein kann, zeige die Erfahrung, dass die Intensität der Verletzung mit der Zeit abnimmt. Clement empfiehlt, den Schmerz zuzulassen und ihm Zeit zu geben, um langsam zu heilen, anstatt durch permanente Vorwürfe oder Selbstmitleid den emotionalen Schmerz zu verlängern und zu intensivieren.

Vertrauen und Verzeihen nach der Untreue

Laut Clement muss man zwischen einem Geständnis und einem Bekenntnis unterscheiden. Ein Geständnis ist oft eine passive Form der Reue, bei der der fremdgegangene Partner um Vergebung bittet, ohne notwendigerweise die volle Verantwortung für seine Handlungen zu übernehmen. Ein Bekenntnis dagegen ist eine aktive Anerkennung der eigenen Taten und ihrer möglichen Verletzungen. Es erfordert eine ehrliche Auseinandersetzung mit den Gründen und Folgen der Affäre. Dieser Prozess ist schmerzhaft, bietet jedoch die Möglichkeit für tiefere Heilung und Verständnis in der Beziehung.

Lügen vergrößern den Schaden

Clement argumentiert, dass Ehrlichkeit in der Bewältigung einer Affäre eine zentrale Rolle spielt. Der Schmerz, der durch das Aufdecken von Lügen und Betrug entsteht, wird oft als gravierender empfunden als der durch die eigentliche sexuelle Untreue. Viele Betroffene berichten, dass der Vertrauensbruch, der durch das Verheimlichen der Affäre entsteht, die Beziehung langfristig mehr schädigt als die Affäre selbst. In diesem Zusammenhang betont Clement, wie wichtig es ist, dass der fremdgehende Partner sich offen und ehrlich zu seinen Handlungen bekennt.

Auf dem Weg zur Versöhnung

Clement rät dem betrogenen Part, sich zu fragen, wie lange er oder sie seinem oder ihrem Partner die Affäre vorwerfen möchte und was nötig wäre, um ihm oder ihr zu verzeihen. Diese Fragen sind essenziell, um zu bestimmen, ob und wie eine Beziehung nach einer Untreue weitergeführt werden kann. Verzeihen sei oft, aber nicht immer, eine Voraussetzung für das Fortbestehen der Beziehung ist. Er plädiert dafür, offen über die Bedingungen und Möglichkeiten eines Neuanfangs zu sprechen, sei es durch eine symbolische Erneuerung des Eheversprechens oder durch andere Formen der Neuausrichtung der Beziehung.

Neue Perspektiven auf alte Probleme

Ulrich Clement liefert mit seinem Buch und seinen Therapieansätzen wertvolle Einsichten in die komplexe Natur von Affären und deren Auswirkungen auf Beziehungen. Seine Betrachtungsweise ermutigt Paare, über traditionelle Vorstellungen von Schuld und Unschuld hinauszugehen und stattdessen eine tiefere Verständnisebene für die individuellen Bedürfnisse und Wünsche innerhalb ihrer Beziehung zu entwickeln.

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Bild: Vecteezy; CC0-Lizenz