Frau in Fetisch-Unterwäsche

Hart besorgt: Leben wir in einer prüden Zeit?

Vor kurzem war ich mit einer Bekannten unterwegs. Wir saßen auf einer Bank, haben uns unterhalten und ich habe gelacht, als ein Typ in unserem Alter vorbeilief, mich nett angelächelt hat und mir ein Kompliment für mein Lachen gemacht hat. Ich habe die Situation überhaupt nicht als komisch empfunden, sondern mich über das Kompliment gefreut. Meine Bekannte hingegen hat den Mann als unangenehm empfunden und sich über ihn und sein Kompliment aufgeregt. Meiner Meinung nach war es ein verdammtes Kompliment für mein Lächeln, kein verbaler Übergriff. Dennoch hatte ich das Gefühl, mich nicht über das (aus meiner Sicht) Kompliment freuen zu dürfen, weil es scheinbar als unangebracht interpretiert werden konnte.

Eine andere Freundin von mir hat mir einmal erzählt, dass ihre Freundinnen ihren nun wirklich überhaupt nicht machohaften Freund wohl häufiger als Macho bezeichnet und jegliche Beziehungsproblemchen, die meine Freundin mit ihnen geteilt hat, instrumentalisiert haben, um sich über die Machokultur unter heterosexuellen Cis-Männern zu echauffieren.

…I doubt it

Aber was, wenn man als Frau darauf steht, gefesselt zu werden? Ausgepeitscht zu werden? Ihm gemeinsam mit einer anderen Frau einen Blowjob zu geben? Gewürgt zu werden? Das Hausmädchen zu spielen? Dominiert zu werden?

Sowohl besagte Freundin als auch ich bekommen durch derartiges Verhalten gewissermaßen das Gefühl, nicht gut finden zu dürfen, wen wir gut finden, nur weil es sich dabei um heterosexuelle Cis-Männer handelt. Wir bekommen das Gefühl, bei all dem, was wir aus unserem Liebes- und Sexleben mit anderen Frauen teilen wollen,  darauf achten zu müssen, nichts gesellschaftlich „Unkorrektes“ preiszugeben.

Eine Welt, in der ich mich zwar frei fühle, mit anderen Frauen über Satisfyer und Selbstbefriedigung zu sprechen, aber nicht über die Befriedigung, die ich durch einen Mann erfahre – Spricht ein solches Szenario wirklich für die sexuelle Befreiung insbesondere der Frau? Oder doch dafür, dass wir in einer erschreckend prüden Zeit leben?

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Bildquelle: Maria Vlasova on Unsplash; CC0-Lizenz