Sozial-emotionales Lernen: Kann das Schulfach aus Finnland Kinder krisenfest machen?

KI verändert das Lernen

Sozial-emotionales Lernen ist ein bewährtes Konzept, das heute nochmal an Aktualität gewinnt. Wissenschaftler*innen zufolge wird es mit mehr als einer 30-prozentigen Wahrscheinlichkeit schon in rund zehn Jahren transformative KI geben – also Künstliche Intelligenz, die komplette Berufszweige vernichtet und umfassende gesellschaftliche und ökonomische Veränderungen hervorruft. In Anbetracht dieser Entwicklung stehen wir vor der unmöglich erscheinenden Aufgabe, unsere Kinder auf eine Zukunft vorzubereiten, die wir uns selbst noch nicht vorstellen können. Trotz dieser Ungewissheit ist eines sicher: Da Künstliche Intelligenz kognitive Routineaufgaben, die bislang von Menschen erledigt wurden, übernehmen und zunehmend weitere Bereiche erobern wird, müssen wir uns auf das konzentrieren, was uns so schnell kein Computer nachmachen wird – unsere menschlichen Eigenschaften, vor allem unsere sozial-emotionalen Fähigkeiten.

Das Schulsystem in Finnland als Vorbild

Mit gutem Beispiel geht Finnland voran. Im finnischen Curriculum ist sozial-emotionales Lernen ausdrücklich verankert und vielerorts inzwischen als eigenes Fach etabliert. Doch woher soll man die Zeit für ein weiteres Fach nehmen, wenn der Lehrplan ohnehin schon überquillt? Welches Fach bekommt dann weniger Stunden? In Finnland liegt die Wahl bei den einzelnen Schulen. Dort ist das gar nicht kompliziert, da der Unterricht ohnehin oft fächerübergreifend stattfindet. Sozial-emotionales Lernen bildet an vielen Schulen das Fundament des gesamten Unterrichts.

Englisch, Mathematik, Musik und Werken – ganz normale Fächer. Aber so, wie sie in Finnland unterrichtet werden, lernen Kinder mehr als Tonleitern, Vokabeln und Formeln. Die Sachinhalte stehen nicht einfach für sich, sondern werden mit der sozial-emotionalen Entwicklung verknüpft. Im Musikunterricht lernen die Kinder, wie sie ein Lied auf der Gitarre spielen können, in Englisch beschäftigen sie sich mit Dankbarkeit. Beides – das Musizieren und das Nachdenken über das Schöne im Leben – führt erwiesenermaßen dazu, dass im Gehirn Dopamin ausgeschüttet wird und positive Gefühle ausgelöst werden. Von diesen Glücksgefühlen profitieren die Schüler*innen nicht nur in den Schulstunden, sondern erfahren auch, wie sie solche Glücksquellen jederzeit gezielt nutzen können.